Aus den Feuilletons

Wenn Patti Smith ein Lied von Bob Dylan singt

Nobelpreisverleihung in Stockholm
Sängerin Patti Smith singt "A Hard Rain's A-Gonna Fall" von Bob Dylan währen der Nobelpreisverleihung in Stockholm. © picture alliance/dpa/Foto: MAXPPP
Von Klaus Pokatzky · 11.12.2016
In Stockholm wurde der Literaturnobelpreis an Bob Dylan verliehen. Die Auszeichnung nahm Sängerin Patti Smith für ihn entgegen und sang einen Song. Allerdings mit Hänger. Was "Die Welt" gleich an ein Adventsvorspiel erinnerte, wo man mit den Kindern mitzittert.
"Es gibt Vorbilder." Das lesen wir gern – was da in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG steht.
"Mein neues Buch ist der Kaiserin Maria Theresia von Österreich gewidmet", erzählt die französische Feministin Élisabeth Badinter im Interview:
"Diese Frau hat 16 Kinder zur Welt gebracht, sich gleichzeitig um das Reich und den Staatsapparat gekümmert, einen fünfzehnjährigen Krieg geführt und sich überdies liebevoll ihres Gatten angenommen. Diese Figur spiegelt im Großen etwa die Situation wider, mit welcher heute im Alltag viele Frauen fertig werden müssen."
Von Maria Theresia aus dem 18. Jahrhundert lernen, heißt alles lernen: Kinder kriegen, Kriege führen, Reiche lenken. Und natürlich: Pomp and Circumstance – Glanz und Gloria.
"Die königliche Familie trat ein", lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT:

"Saaldiener mit Schärpen und Matrosenmützen führten die Nobelpreisträger zu ihren Plätzen."

Literaturnobelpreis für Bob Dylan

Wir sind jetzt also wieder im 21. Jahrhundert. Bob Dylan bekommt den Literaturnobelpreis. Aber noch nicht so richtig.

"Die Nobelrede ist die Bedingung dafür, dass er den mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 830 000 Euro) dotierten Preis behalten darf",

klärt uns der Berliner TAGESSPIEGEL über das Kleingedruckte im Nobelpreisgewerbe auf. Die Jury des Preises hofft nun darauf, dass Bob Dylan im Frühjahr mal einen kleinen Platz in seinem Terminkalender für Stockholm freihalten kann.

"Eine feste Zusage hat sie aber noch nicht bekommen."

Die "Identitären" sind die "Spontis der Neuen Rechten"

Was hätte die Kaiserin Maria Theresia Walburga Amalia Christina nur gemacht, wenn etwa Joseph Haydn es gewagt hätte, eine Einladung zum Wiener Hofe auszuschlagen? So was gab es im 18. Jahrhundert nicht. Aber gab es damals das?

"Deutschland den Deutschen, Frankreich den Franzosen, die Türkei den Türken und so fort."
So beschreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG die sogenannten "Identitären", die "Spontis der Neuen Rechten":
"smart, subversiv, jugendlich, aktionistisch in bester Sponti-Manier, heimisch in der Pop-Kultur und bewandert im Spiel cooler Codes",
"Aktionen wie die Besteigung des Brandenburger Tores im August 2016 bescherten ihnen Schlagzeilen. Am symbolträchtigsten Ort in der Mitte Berlins, hoch oben vor der Quadriga, ein Spruchband gegen unkontrollierte Zuwanderung zu entrollen."
Das Brandenburger Tor gab es zwar noch nicht zu Maria Theresias Lebzeiten – aber eine Aktion in der Metropole ihres Todfeindes, Friedrichs des Zweiten, hätte ihr bestimmt gefallen.
"Alle bleiben am besten da, wo sie ´hingehören`, und pflegen die Eigentümlichkeiten, die ihnen als Gruppe zukommen."
Auch das gehört noch zu den "Identitären", wie die NEUE ZÜRCHER uns aufklärt. Und da wissen wir endlich: Nein – im Preußen des 18. Jahrhunderts hätten die sich nicht wohlgefühlt, da wären die auf die Bäume in irgendeinem Urwald ausgewandert; denn Preußen wäre wirtschaftlich, politisch, militärisch nicht das geworden, was es wurde – hätte es nicht seine Grenzen ganz, ganz weit für Zuwanderer geöffnet: nicht nur für die Hugenotten aus Frankreich.
"Eine Sternstunde, von der die Menschheit, soweit sie ein fühlend Herz besitzt, noch lange leben wird."

Und noch einmal der Nobelpreis in Stockholm

Das steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: aber nicht über die preußische Flüchtlingspolitik längst vergangener Zeiten – sondern Willi Winkler führt uns wieder zum Nobelpreis nach Stockholm, wo am Samstag ja die Sängerin Patti Smith einen Hänger hatte, als sie Bob Dylans Song "A Hard Rain’s a-Gonna Fall" singen sollte.
"Dann wusste sie nicht mehr weiter", heißt es in der WELT, "und sang die Strophe noch einmal", schreibt Michael Pilz: "Wir litten mit ihr wie mit der eigenen Tochter beim Adventsvorspiel in der Musikschule."
Sein Schlusswort: "Es ist vollbracht, alles ist gut."
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