Aus den Feuilletons

Tiefgreifende Erneuerung der Kulturpolitik

Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering (SPD) im Deutschen Bundestag, Berlin, Deutschland
Plädiert für eine Kulturpolitik als "Soft Power": SPD-Politikerin Michelle Müntefering. © picture alliance / dpa / Andreas Keuchel
Von Adelheid Wedel · 04.02.2018
Es zeichne sich eine radikale Neukonzeption der deutschen Kulturpolitik ab, besonders der auswärtigen. Das lesen wir in der "SZ", die Michelle Müntefering zitiert: Die SPD-Politikerin spreche von einem "Wettbewerb der Narrative".
"CDU/CSU und SPD scheinen die Kulturpolitik radikal erneuern zu wollen", erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Dabei geht es lediglich um Entwürfe zur Kulturpolitik, "auf die sich die Verhandler der drei Parteien weitgehend geeinigt haben". Jörg Häntzschel meint dazu: "Liest man die Entwürfe und spricht man mit den Verantwortlichen, zeichnet sich eine radikale Neukonzeption der deutschen Kulturpolitik ab, vor allem der auswärtigen."
Der Autor zitiert Michelle Müntefering von der SPD, die erklärt:
"Man dürfe den Wettbewerb der Nationen nicht länger nur als Frage von Wirtschaft, Handel oder Wissenschaft verstehen. Längst sei ein 'Wettbewerb der Narrative' im Gange, in dem jeder seine eigene Wahrheit in die Welt bringt. Es gehe um 'soft power', ein Instrument, dessen Bedeutung Deutschland bisher völlig unterschätzt habe."
Und so heißt es in einem der Entwürfe:
"Wir wollen keine Propaganda machen, aber wir wollen demokratische Strukturen und Meinungsfreiheit verteidigen."

Neue Aufgaben für das Goethe-Institut

Um effektiver mit sendungsbewussten Großmächten wie der Türkei, China und Russland konkurrieren zu können, fallen dem Goethe-Institut neue Aufgaben zu. Es soll stärker mit seinem französischen Pendant zusammenarbeiten und bis 2020 an ausgewählten Orten zehn gemeinsame Institute eröffnen.
"Damit wird", so der Autor, "der alte nationale Auftrag des Goethe-Instituts um einen europäischen ergänzt. Statt nur als Einbahnstraße von Deutschland in die Welt zu fungieren, soll es auch nach Deutschland spiegeln, was in der Welt passiert", erklärt der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann gegenüber der SZ.
Wichtige Bemerkungen zur künftigen Arbeit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des entstehenden Humboldt-Forum in Berlin ergänzen den Ausblick auf eine Entwicklung, "bei der die Kultur einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfährt.

Von Bannon, Winfrey und Assange lernen

"Öffnet die Augen, Genossen", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und finden schnell heraus, dass es hierbei nicht um einen ermunternden Zuruf aus Zürich an die Verhandler in Berlin geht. Nein, es ist ein Beitrag des Philosophen Slavoj Zizek, in dem er darlegt, "was uns Bannon, Winfrey und Assange über den Kampf gegen die Privilegierten lehren". Das erfährt man beim Lesen des Artikels nicht lehrsatzartig, man muss es selbst herausfiltern. Zum Beispiel an Oprah Winfreys Rede bei den Golden Globe Awards. Sie begeisterte die Öffentlichkeit so stark, dass sie bereits als mögliche demokratische Kandidatin gegen Trump bei den nächsten Wahlen gehandelt wurde.
"Das Richtige an ihrer Rede war", so Slavoj Zizek, "ihre Forderung, den Fokus von den privilegierten Schauspielerinnen, die sich über sexuelle Belästigung beschweren, auf die Millionen Frauen zu verlagern, die Tag für Tag viel schlimmerer Gewalt ausgesetzt sind. Der falsche Grund", so setzt Zizek fort, "liegt darin, dass Winfrey als Anhängerin der Demokraten die Verbindung zwischen dem großen Erwachen von Frauen und den eigentlichen politischen und wirtschaftlichen Kämpfen nicht sehen will."
Und deswegen, so die Zusammenfassung:
"Das Hauptproblem sind nicht Leute wie Bannon, sondern die Unfähigkeit der Linken, hinter dem Theater in Washington das zu sehen, was wichtig ist."

Hoffen auf eine demokratische Türkei

Was ist wichtig, wenn es um die Abschiebung von Geflüchteten geht? Die Frage drängt sich auf, betrachtet man die Situation, in der sich der Erdogan-kritische Journalist Adil Yigit befindet.
"Er lebt seit über 30 Jahren in Deutschland. Jetzt droht ihm Ende Februar die Abschiebung", erfahren wir aus der Tageszeitung TAZ. "Manchmal frage ich mich, ob das nur ein böser Traum ist", sagt der in Hamburg lebende Türke im Interview. Er klagt, vom Verein der türkischen Journalisten bekäme er wenig Unterstützung. Denn "neunzig Prozent der Mitglieder sind regierungsnahe Journalisten. Manche sagen, sie können nicht objektiv sein, weil sie noch mal in die Türkei zurückkehren wollen. Ich denke jedoch, wenn etwas wahr ist, dann muss es auch geschrieben werden." Yigits eindeutiges Statement:
"Ich hoffe immer noch auf ein politisches Erdbeben, auf eine demokratische Türkei."
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