Aus den Feuilletons

Streit zwischen französischen Frauen-Lagern

MeToo-Protest in Paris
Für diese Frauen dürfte die Schauspielerin Catherine Deneuve wohl nicht gesprochen haben. #MeToo-Protest am 29. Oktober 2017 in Paris. © imago/Le Pictorium
Von Tobias Wenzel · 10.01.2018
In Frankreich haben sich 100 Frauen über die "#MeToo"-Debatte beklagt und damit eine weitere Facette in die Diskussion um sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch hinzugefügt. Und dieser Streit zwischen den Frauen-Lagern werde wohl noch eine zeitlang andauern, schreibt die NZZ.
"Hundert Frauen für die Schweine" heißt es in einer Überschrift der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Das Wort "Schweine" steht nicht in Anführungszeichen. Deshalb vermutet man erst einmal, es gehe um eine von Frauen durchgeführte Tierschutzaktion zum Wohle des Schweins. Aber schnell wird klar: Mit den "Schweinen" sind Männer gemeint. Claudia Mäder spielt damit auf die französischen Frauen an, die mit der Aktion "BalanceTonPorc" (übersetzt etwa "VerpfeifDeinSchwein"), Frauen dazu aufrufen, Männer, die Frauen angeblich sexuell belästigt oder vergewaltigt haben, öffentlich an den Pranger zu stellen.
Dass nun 100 Künstlerinnen, Publizistinnen und Intellektuelle in einem Text für "Le Monde" klargestellt haben, dass für sie die "MeToo"-Debatte über das Ziel hinausgeschossen ist, hat dazu geführt, dass Frauen diese hundert Frauen, darunter Catherine Deneuve, als "Verbündete der Schweine" angegriffen haben.

Sympathien für Aufruferinnen?

Hier gebraucht Claudia Mäder die Anführungszeichen, lässt sie aber kurz darauf wieder an entscheidender Stelle weg, sodass der Leser sich fragen muss, ob die Journalistin mit den "VerpfeifDeinSchwein" – Aufruferinnen sympathisiert.
Der Streit zwischen diesen zwei französischen Frauen-Lagern werde wohl noch eine Zeitlang andauern, schreibt sie. Und dann:
"Denn dass schon morgen eine andere Sau durchs Dorf läuft, ist in dieser Zeit der Schweine nicht zu erwarten."
"Schweine" ohne Anführungszeichen! Die Autorin Catherine Millet hat an dem Text der 100 mitgeschrieben. "Sie schreiben, die ´Freiheit, jemand anderen zu belästigen`, gehöre nun mal zur sexuellen Freiheit", sagt Alex Rühle in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Und Catherine Millet entgegnet: "Ich bin überzeugt, dass sich der Staat möglichst wenig in die Beziehungen zwischen Männern und Frauen einzumischen hat."
Sie halte es zwar für notwendig, "ein Bewusstsein für sexuelle Gewalt gegen Frauen" zu schaffen. Aber die Frauen sollten sich lieber juristisch wehren, anstatt das den Männern gegenüber unfaire "öffentliche Tribunal" zu suchen. Auch fürchtet Millet ein "dunkles Zeitalter des Puritanismus":
"Gestern habe ich von einer Engländerin gehört, die sagt, man müsse Dornröschen verbieten, weil die dem Prinzen nicht erlaubt hat, sie im Schlaf zu küssen. Sind jetzt alle verrückt geworden, oder was?"

Trump wird laut "New York Times" wohl kaum abgesetzt werden

Aber was ist eigentlich "verrückt"?
"Nicht alles, was umgangssprachlich als ´verrückt` bezeichnet wird, ist deshalb schon gleich pathologisch", stellt Clemens Wergin in der WELT klar, mit Blick auf Donald Trump.
Wergin zitiert Gail Collins, eine Kolumnistin der "New York Times", mit folgenden Worten:
"Es ist ziemlich klar, dass es so gut wie unmöglich ist, den Präsidenten abzusetzen, zumindest solange Trump nicht an den Kronleuchtern hängt und Steine auf Besuchergruppen im Weißen Haus schmeißt".
Bücher mit dem Rücken im Schrank

Bücher mit dem Rücken im Regal

Mit Büchern wird Donald Trump sicher nicht werfen. Er ist ja nicht so der Buchtyp. Dabei könnte ihm ein neuer Einrichtungstrend aus den USA gefallen, über den Peter Kümmel in der ZEIT berichtet: die "backward books". US-Bürger sind dazu übergegangen, ihre Bücher umgedreht im Regal aufzustellen, also mit dem weißen Schnitt nach außen.
"Die Bücher machen nicht mehr so einen unangenehmen Bildungseindruck, wenn sie namenlos dastehen", erläutert Kümmel.
"Andere finden, das Buch sei ein Gebrauchsgegenstand, es habe einen Inhalt, und wenn der ausgelesen sei, könne man das Gefäß wegwerfen. Aus Sentimentalität stellen sie das Buch umgedreht zurück ins Regal, als wäre es eine leergetrunkene Flasche, die sie aufheben, um sich an den Genuss des Trinkens zu erinnern."
Allerdings verberge sich dahinter auch ein Abgesang auf das Buch in Papierform, das durch elektronische Lesegeräte ersetzt werde: Die umgedrehte Bibliothek ist der Gnadenhof des Gutenberg-Zeitalters."
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