Aus den Feuilletons

Sorry, "Star Wars"!

Leonardo DiCaprio als Trapper Hugh Glass in einer Szene des Films "The Revenant".
Leonardo DiCaprio als Trapper Hugh Glass in einer Szene des Films "The Revenant". © imago/ZUMA Press
Von Arno Orzessek · 14.01.2016
Der große Favorit der Oscar-Nominierungen ist "The Revenant" mit Leonardo DiCaprio. Der neue "Star Wars"-Film "Das Erwachen der Macht" wurde dagegen nur in "Blinkblink-Kategorien" wie zum Beispiel für seine visuellen Effekte nominiert, kommentiert die "Welt".
Heute ist es wirklich ein Kreuz, liebe Hörer! So viele Feuilleton-Themen, die der gründlichen Aufmerksamkeit wert wären – und wir dazwischen zerrissen.
Es würde uns bestimmt Spaß machen, Ihnen in aller Ausführlichkeit die Kommentare zu den Oscar-Nominierungen vorzustellen.
"Sorry, 'Star Wars'!", titelt etwa die Tageszeitung DIE WELT, weil der vergnügliche Unfug-Streifen "Star Wars" zwar fünfmal nominiert wurde, aber nur in Blinkblink-Kategorien wie Visuelle Effekte und so weiter.
"The Revenant" jedoch, Alejandro Gonzalez Iñárritus blutiger Wie-schlage-ich-mich-total-verletzt-und-fertig-durch-die-wilde-Wildnis-Film mit Leonardo DiCaprio, wurde zwölfmal nominiert - viermal auch in wichtigen Kategorien...
Wozu die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Leo will's wissen."
Andererseits bekommt so einer Kulturpresseschau ein ordentliches Quantum Hochkultur ja auch stets gut, erst recht, wenn kulturpolitische Aspekte dabei sind.
Und das gilt für den Abschlussbericht – die SZ schnoddert: "Nichtabschlussbericht" -, in dem die "Taskforce Schwabinger Kunstfund" die Ergebnisse ihrer Suche nach Raubkunst in der Sammlung Gurlitt festgehalten hat.
Indessen ist das Ganze letztlich doch etwas enttäuschend, wie man der TAGESZEITUNG entnehmen kann:
"Nur 5 der 1224 Kunstwerke [...] sind NS-Raubkunst, darunter Werke etwa von Max Liebermann und Adolph Menzel",
...bilanziert die TAZ die Bilanz der Taskforce...
"Weitere Recherchen erforderlich"
Die vorläufig genannt werden muss, wie Andreas Kilb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG betont.
Denn bei gut 250 Werken sind laut Taskforce-Leiterin Ingeborg Berggreen-Merkel, der Kilb das "Pathos einer Nebenberufstragödin" zuschreibt, "'weitere Recherchen erforderlich'".
"Mit anderen Worten [so Kilb]: Der Taskforce fehlte die Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Das ist politisch gesehen, ein Erfolg: Der Bund hat gezeigt, dass er es mit der Provenienzforschung ernst meint, dass er die Schuld des Nationalsozialismus auch in diesem Punkt abtragen will, und nun überweist er das Thema an das neu gegründete Zentrum Kulturgutverlust in Magdeburg weiter."
Das wichtigste aller Feuilleton-Themen ist allerdings der Flüchtlings-Nationalismus-Islamismus-Asylrechtsverschärfungs-Fremdenfeindlichkeits-Menschenrechts-und-Kanzlerinnenkritik-Komplex.
Allein der brisante Artikel "Von Kindern und Männern" in der SZ!
Thomas Steinfeld denkt über die Wortführer der "neuen nationalkonservativen Bewegungen" nach und näher über "Rüdiger Safranski, Reinhard Jirgl und ihre Liebe zum deutschen Volk".
Dabei bezieht sich Steinfeld vor allem auf ein Interview, in dem Safranski der Kanzlerin und den hiesigen Medien "'Unreife'", "'Naivität'" und "'Weltfremdheit'" vorgeworfen hat.
Lächerliche deutsche Moralduselei
Steinfeld verschweigt nicht, woher die unterstellten Missstände laut Safranski & Co. rühren.
"Die Geschichte der lächerlichen deutschen Moralduselei (Rüdiger Safranski [meint]: 'Überall in Europa außer in Schweden sagt man: 'Die Deutschen spinnen.') geht so: Deutschland habe nach dem Zweiten Weltkrieg alle außenpolitische Verantwortung aufgegeben und bis zum Fall der Mauer ein kindlich unbeschwertes Dasein führen können, weil es von den Vereinigten Staaten beschützt worden sei. Der entsprechende Zustand der 'Unreife' halte sich bis auf den heutigen Tag. Es sei der Ursprung einer als 'weltfremd' zu tadelnden 'moralischen Mission', die in die Weigerung mündet, der Zahl der ins Land kommenden Flüchtlinge eine Grenze zu setzen."
Tja! Hätten wir uns gleich für diesen Komplex entschieden, könnten wir jetzt noch Steinfelds Argumente gegen die neuen deutschen Neocons paraphrasieren.
Außerdem käme gewiss der FAZ-Artikel "Frau am Steuer? Das wird teuer!" zur Sprache, in dem Patrick Bahners einer Verfassungsklage gegen die Asylpolitik der Kanzlerin kaum Chancen einräumt...
Nicht zu reden von Jürgen Kaubes bös-witziger Untersuchung über die Formulierungs- Paralyse, die nach dem Silvester-Eklat die Sklaven der politischen Korrektheit befiel – ebenfalls in der FAZ.
Aber – das war's schon! Falls Sie nun mit Ihrem heutigen Erkenntnisgewinn unzufrieden sind, liebe Hörer, kleiden Sie Ihr Urteil ruhig in die Worte, die im Berliner TAGESSPIEGEL Überschrift wurden. Sie lauten:
"Große Erwartungen, kleine Erträge."
Mehr zum Thema