Aus den Feuilletons

Mediale Einheitsfront gegen Griechenland?

Von Klaus Pokatzky · 01.02.2015
Nach den Wahlen in Griechenland hätten sich die deutschen Medien "abfällig und entwürdigend" gegenüber der Gesamtheit der Griechen geäußert, heißt es in der TAZ. Die NZZ hingegen analysiert die paradoxe Lage in Russland.
"Alle Menschen werden Brüder."
Der TAGESSPIEGEL zitiert Friedrich Schiller. Er hatte keinen Bruder, dafür aber fünf Schwestern. "Bruderschaft ist ein Mythos, war es zu allen Zeiten", schreibt Wolfgang Prosinger.
"Weil Brüder der Inbegriff von Einigkeit sind, Blut ist dicker als Wasser. Weil sie zugleich der Musterbegriff für Rivalität sind, großer Bruder, kleiner Bruder."
Und damit sind wir beim deutsch-griechischen Verhältnis, bei der "deutschen medialen Einheitsfront gegen die griechische Regierung", von der wir in der Tageszeitung TAZ lesen nach den hellenischen Wahlen vom vorigen Sonntag.
"Die deutschen Angriffe nimmt man als abfällig, entwürdigend und rassistisch gegenüber der Gesamtheit der 'Griechen' an sich, ihrer Mentalität und ihrem Habitus wahr", schreibt Margarita Tsomou, in Deutschland lebende Griechinund Herausgeberin des feministischen Missy Magazins.
"Die progressiven Kräfte in Deutschland müssen entscheiden, ob sie in der Griechenlandfrage weiterhin zum Lager des Merkelismus gehören wollen oder zu diesem Europa, das gerade im Süden mit hohem Risiko versucht, sich einen Spielraum zu schaffen."
Von der Frauenfront kehren wir dann doch wieder zum TAGESSPIEGEL und Wolfgang Prosingers Beschreibung der intensivsten Brüderlichkeit zurück:
"Wie gefährlich die Unbedingtheit solcher Verbrüderungen ist, weiß indessen der Volksmund: 'Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein'."
Kritische Stimmen haben in Russland keine Chance
Und damit gehen wir Richtung Osten.
Seit Russland einen hybriden Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, regieren im Land die Macht der Lüge und die Ohnmacht des Faktischen, lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
"Gegen eine Hirnwäsche, die an übelste Sowjetzeiten erinnert, haben kritische Stimmen kaum eine Chance. Wer sich dem Kreml-Kurs entgegenstellt, gilt als 'Nationalverräter'."
Anna Schor-Tschudnowskajazieht eine erschreckende Bilanz nach bald einem Jahr Ukraine-Krieg.
"Die meisten russischen Medien haben längst nichts mehr mit Journalismus zu tun, sondern treten praktisch als Akteure des zynischen und grausamen 'hybriden Krieges' in der Ostukraine auf."
Anna Schor-Tschudnowskaja wurde 1974 in Kiew in der Ukraine geboren, kam als 18-Jährige nach Deutschland und ist heute wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien.
"Einer der paradoxen Züge der gegenwärtigen Lage Russlands ist die inhaltliche Leere. Im Gegensatz zu den Zeiten der Sowjetunion hat man keinen kommunistischen Traum und schon gar keine 'lichte Zukunft' zu offerieren."
Putin-Popsong
Doch dafür viel schlichte Gegenwart. "Die russische Popszene hat einen neuen Putin-Song", erfahren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG – nachdem "eine bisher unbekannte Nowosibirsker Sängerin mit Künstlernamen Mashany" dem russischen Präsidenten ein Liebeslied gewidmet hat, schreibt Kerstin Holm.
"Ein Videoclip zeigt die hochgewachsene, blondbezopfte Mashany wie sie im langen Gewand in den Farben der russischen Fahne – roter Rock, blaue Schärpe, weiße Bluse – in goldener Nachmittagssonne auf abgemähtem Acker steht, wo sie von einem Putin ähnelnden Motorradfahrer träumt und, als wäre sie die heimatliche Natur selber, sehnsüchtig die Arme nach ihm ausstreckt."
Da wollen wir nicht die Unterscheidung vergessen, die im TAGESSPIEGEL zu lesen ist über den Unterschied zwischen Brüdern und Schwestern:
"Während Schwestern im Rollenklischee gerne als keifende Weiber dargestellt werden, blähen sich auf der symbolischen Ebene die Brüder zum machistischen Stolz auf: zwei Titanen, zwei Giganten, unbesiegbar."
Und wir zitieren noch die Gebrüder Tick, Trick und Track aus Entenhausen:
"Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns waschen und Gefahr."
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