Aus den Feuilletons

#MännerSindMüll

Frauenhand mit rot lackierten Fingernägeln halten der nackten Puppe Ken die Augen zu.
#MännerSindMüll: Entfesselter Feminismus oder blinder Männerhass? © Imago
Von Tobias Wenzel · 16.08.2018
Der Ton gegenüber Männern wird rauer. Zumindest im Netz. Das "Feindbild Mann" wird derzeit unter dem Hashtag #MenAreTrash durch den Wolf gedreht. Und auch die in der Öffentlichkeit urinierenden Herren sind Thema in den Feuilletons.
"Aus einem einzigen, halsbrecherisch in die Länge gezogenen Wort konnte Aretha Franklin ein Kunstwerk schaffen", schreibt Claus Lochbihler in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG zum Tod der Sängerin. "Sie überwältigte ihr Publikum. Mit einer Intensität, die ans Übermenschliche zu reichen schien, erzählte sie von den menschlichen Dingen: von der Sehnsucht nach Liebe und Würde, von Hoffnung und Verzweiflung, vom Alltäglichen und vom Göttlichen. Oder auch nur von einem Barbecue-Laden, den sie so hymnisch besang, als ob es dort Gnade und Vergebung zu kaufen gäbe."
Lochbihler hat seinen Nachruf "Die Queen of Soul ist tot" betitelt. "'Queen of Soul' ist ein geradezu läppischer Begriff für die Bedeutung der Trägerin der Freiheitsmedaille, der höchsten zivilen Auszeichnung in den USA, ohne die eine Whitney Houston, Amy Winehouse oder Beyoncé nicht denkbar gewesen wären. Sie war vielmehr eine Eva des Musikgeschäfts, die voranschritt, damit andere folgen konnten", urteilt Josef Engels in der WELT.
Aretha Franklin habe "selbstbewusst und fauchend" davon gesungen, was der "weibliche und afroamerikanische Teil der USA" am meisten gebraucht habe: "Kein Mitleid, keine faulen Ausreden. Respekt."

Netzfeminismus auf dem Tiefpunkt

Respektlos kommt Marc Felix Serrao der Hashtag "MenAreTrash" ('Männer sind Müll') vor. Damit habe der Netzfeminismus seinen Tiefpunkt erreicht, schreibt er in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Es gibt heute nicht nur in Deutschland eine erstaunliche Toleranz gegenüber Autorinnen, die ihren Männerhass als Kampf für Frauenrechte verbrämen."
Der Journalist gibt Beispiele: "Sibel Schick, Autorin der 'taz', schrieb, es sei 'ein strukturelles Problem, dass Männer Arschlöcher sind.' Stefanie Lohaus, Gründerin des 'Missy Magazine' und Autorin von 'Zeit Online' sekundierte. #MenAreTrash sei 'der einzig sinnvolle Twittertrend'." Der entstand in dieser Woche wie aus dem Nichts. "Ein echter Anlass war nicht erkennbar", schreibt Serrao und mutmaßt: "Vielleicht war es das Wetter".

Der produktive Urin-Strahl

Mit dem Wetter selbst oder damit verbundenen abseitigen Themen versuchen die Feuilletons vom Freitag das Sommerloch zu füllen. "Schaut her, mein Penis kann Bäume gießen! Dürreperiode gelöst!", ruft Peter Weissenburger in der TAZ aus, wobei er sich in einen der Männer hineinversetzt, die schamlos in der Öffentlichkeit pinkeln.
Die Stadt Paris hat reagiert und testweise Öko-Urinale, sogenannte "Uritrottoirs", auf den Gehwegen aufgestellt, und zwar, so Weissenburger, nach dem Motto: "Wenn man schon den Strahl nicht unterbinden kann, lasst ihn uns wenigstens noch irgendwie produktiv nutzen. Aus dem Pipi wird in Verbindung mit Stroh und Sägespänen nämlich Kompost."

Sauna im Sommer

Gleich zwei Feuilleton-Redaktionen waren wohl so verzweifelt auf der Suche nach Themen im brodelnden August-Nichts, dass sie nicht bis Dienstag warten konnten, um etwas zu 50 Jahre Ende des Prager Frühlings zu drucken. In der TAZ erinnern sich schon jetzt zwei DDR-Musiker daran. Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bringt einen Text des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Rudiš: Fünf Männer erinnern sich in einer böhmischen Sauna an den 21. August 1968, als sowjetische Panzer in die Tschechoslowakei rollten.
Das müssen Sie, liebe Hörer, selbst lesen. Denn diese Kulturpresseschau neigt sich dem Ende entgegen. Aber es reicht noch gerade für die ersten Zeilen des tschechischen Autors: "Und so sitzen wir wieder in unserer Sauna im Böhmischen Paradies, wie unsere Gegend mit den paar Burgruinen, Badeteichen und Brauereien heißt, und unsere Körper und Seelen schwitzen. Und weil wir August haben und draußen Temperaturen hoch über dreißig Grad herrschen, ist es in der Sauna leer." Dann lässt Rudiš einen der Männer sagen: "Ja, ja, im Hochsommer ist die Sauna nur was für wahre Kenner wie uns".
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