Aus den Feuilletons

In "Weissensee" fällt die Mauer

Martin (Florian Lukas, M.r.) und Roman (Ferdinand Lehmann, M.l.) erleben die Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 in der TV-Sendung "Weissensee" wie in Trance.
Martin (Florian Lukas, M.r.) und Roman (Ferdinand Lehmann, M.l.) in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 in einer Szene der TV-Serie "Weissensee". © ARD/Julia Terjung
Von Adelheid Wedel · 25.09.2015
Die Mauer fällt und die Partei lässt Stasi-Offizier Falk Kupfer im Stich, verrät Darsteller Jörg Hartmann kurz vor dem Start der dritten Staffel der preisgekrönten TV-Serie "Weissensee" im "Tagesspiegel". Die "taz" fragt sich derweil, warum es beim Thema DDR eigentlich immer um die Stasi gehen muss.
"Für mich war die DDR weiter weg als China", sagt der Schauspieler Jörg Hartmann, der in der Fernsehserie "Weißensee" einen Stasi-Offizier spielt. Am kommenden Dienstag starten im Ersten mit der dritten Staffel sechs weitere Folgen über das Leben der Familien Kupfer und Hausmann im Ost-Berlin der 80er-Jahre.
Die Tageszeitung TAZ interviewt Annette Hess, als Drehbuchautorin ist sie verantwortlich für Idee und Konzeption von "Weißensee". Als die Mauer fiel war sie 22 Jahre alt und erlebte das am Fernseher in Hamburg. 1991 zog sie nach Berlin. Die Autorin der TAZ, Anne Fromm, fragt: "Wieso muss es beim Thema DDR immer um die Stasi gehen?" Hess antwortet:
"Ich meine, dass man die DDR gar nicht ohne die Stasi erzählen kann. Die Unterdrückung ist allgegenwärtig, auch wenn sie nicht explizit thematisiert wird."
Neue Staffel beginnt mit dem Mauerfall
"Knapp fünf Millionen haben die ersten beiden Staffeln gesehen", berichtet die TAZ-Autorin. Hess meint dazu:
"Ich wusste, wie großartig Regie, Schauspieler und Crew zusammengearbeitet haben. Dazu kam der populäre Sendeplatz im MDR."
Die neue Staffel beginnt mit dem Mauerfall und endet mit der Erstürmung der Stasizentrale.Im TAGESSPIEGEL gibt Jörg Hartmann einen Ausblick auf Künftiges:
"Die ersten Jahre nach dem Mauerfall, diese Wildostzeit, in der keiner so recht wusste, wer für was verantwortlich war – ja das kann als weitere Folgen funktionieren. Für meinen Falk ist der Mauerfall natürlich ein Schock, auch weil er merkt, dass die Partei ihn im Stich lässt."
Hartmann, der im Westen aufwuchs, erinnert sich:
"In der Schule ist die DDR kaum behandelt worden, das empfinde ich im Nachhinein als beschämend und absurd."
Mankell über Tod und Vergänglichkeit
"Ich rede mit den Toten." Das sagt der Schriftsteller Henning Mankell im Interview in der LITERARISCHEN WELT. Vor mehr als zwei Jahren wurde bei ihm Krebs diagnostiziert. Heute berichtet er:
"Es geht mir so gut, wie es mir unter den gegebenen Umständen gehen könnte. In dieser schwierigen, traurigen und schlechten Welt, in der wie derzeit leben, ist die Krebsforschung ein Lichtblick – ein fantastischer Triumph für die Menschheit."
"Treibsand", das jüngste Buch von Mankell, ist eine Sammlung von Texten über Tod, Vergänglichkeit – und was das Leben ausmacht, so der Rezensent Martin Scholz. Mankell ergänzt:
"Ursprünglich wollte ich darüber schreiben, was wir nachfolgenden Generationen hinterlassen. Mein erster Gedanke war, wir hinterlassen atomaren Müll. Wenn Rembrandt, Beethoven und andere längst vergessen sind, wird der Atommüll in einer Million Jahre tief unten in der Erde immer noch strahlen, immer noch giftig sein."
In der Bewertung der Flüchtlingskrise ist er vorsichtig, weil er fürchtet, dass die Bereitschaft zu helfen, sich schnell ändern könnte, etwa, wenn die Europäische Union keine verlässliche Lösung findet.
"Europa als Ganzes muss Verantwortung übernehmen und endlich den Grund für die Flüchtlingskrise angehen", fordert Mankell.
Im Gespräch mit Lena Bopp in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG klagt der Schriftsteller über die Heuchelei in Europa. "Hier kommt auf fünfhundert Einwohner vielleicht ein Flüchtling. Es ist also geheuchelt", so Mankell, " wenn man sagt, wir würden von Flüchtlingen geflutet – das werden wir nicht." Aber "wir leben in einer Welt der Flüchtlinge, so ist es eben. Wir werden bald Klimaflüchtlinge kommen sehen. Es wird so kommen."
"Orbans Fidész sollte die EVP verlassen."
Mit scharfen Worten kritisiert Viviane Reding, Mitglied des Europäischen Parlaments, den ungarischen Premier Viktor Orbán in der WELT. Die ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für Justiz, argumentiert:
"Man kann in einer Parteienfamilie jeden Sachverhalt in einigen Monaten oder Jahren auf der Basis gemeinsamer Werte konstruktiv klären."
Ohne dieses Wertefundament gäbe es keinen Ausgangspunkt mehr für die Klärung strittiger Fragen. "Ich habe hohen Respekt vor dem ungarischen Volk", sagt Reding, "gerade deswegen ist es wichtig, Orbán die Legitimität, die ihm die Mitgliedschaft in der EVP gibt, zu entziehen." Ihre Forderung:
"Orbans Fidész sollte die EVP verlassen."
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