Aus den Feuilletons

Hat Trump den größeren Knopf?

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un drohen mit Atomkrieg. © dpa / picture alliance / Mike Theiler
Von Hans von Trotha  · 03.01.2018
In der #MeToo-Debatte gibt es nun auch in Deutschland einen ersten Verdächtigen. Trump und Kim Jong Un streiten darüber, wer den größeren Atomknopf besitzt. Und: Das Marx-Jahr hat begonnen.
Das neue Jahr kommt, die Feuilletondebatten bleiben. Der #MeToo hat endgültig Deutschland erreicht: Das TAGESSPIEGEL-Feuilleton verweist auf das ZEIT magazin, in dem zwei Frauen schwere Vorwürfe gegen den Fernsehregisseur Dieter Wedel erheben:
"Es sei das erste Mal in der Debatte um sexuelle Übergriffe, dass in Deutschland Frauen öffentlich und unter ihrem Namen einen Beschuldigten nennen."
Auch Trump twittert weiter. Auf die Frage: "Trump heißt nicht das Ende der Welt?" antwortet der Historiker Andreas Rödder in der NZZ immerhin: "Nein, das bedeutet er nicht."

Trump droht auf Twitter

Die TAZ zeigt das riesengroße Foto eines riesengroßen roten Knopfs. Trump hatte getwittert: "Auch ich habe einen Atomwaffenknopf". Zuvor, erinnert die TAZ, "hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erklärt, besagter Knopf stünde immer auf seinem Schreibtisch bereit. Doch der Trump’sche Knopf ist nicht irgendeiner: "Er ist viel größer und mächtiger als seiner." So der Präsidenten-Tweet.
Der kann twittern, was er will, und sein Account wird nicht gesperrt, höchstens mal für zehn Minuten. Das unterscheidet ihn von der TITANIC, die eine andere Debatte auf ihre Weise fortführt.

Verstoßen arabische Zahlen gegen die Twitter-Regeln?

"Bei der Titanic", berichtet Michael Hanfeld in der FAZ, "twittert seit Dienstag als Gastautorin Beatrix von Storch von der AfD. "Das, lüftet Hanfeld die Satire, "tut sie selbstverständlich nicht wirklich, die TITANIC-Redaktion karikiert sie unter ihrem Namen vielmehr mit Äußerungen, die man leicht als Verballhornungen erkennen kann.
"Zum Beispiel" hatte die TITANIC- von-Storch getwittert: "Weshalb verwendet eigentlich die deutsche Polizei arabische Zahlen? Ich wehl (mit e – h) doch nicht 110, wen die Barbarenhorden mich vergewaltigen wollen!"
"… Schreibfehler", so Hanfeld, hatte die TITANIC, der Deutlichkeit wegen, gleich eingebaut. Doch all das nutzt gegen den Automatismus, mit dem Twitter löscht, nichts. Sie habe gegen die "Twitter Regeln" verstoßen, wurde der TITANIC mitgeteilt, und könne erst weitertwittern, wenn die inkriminierten Mitteilungen gelöscht seien. Das will die TITANIC wie Chefredakteur Tim Wolff erklärt, selbstverständlich nicht tun. Das Blatt hofft auf ein Einsehen des "Support Teams" von Twitter und will den Fall beim "nächsten Geheimtreffen" mit Angela Merkel und Heiko Maas "in aller Deutlichkeit" ansprechen."

Auf Luther folgt Marx

Auch das Feuilletonistische Jubiläumsgedenken geht einfach weiter, bloß dass aus Luther Marx geworden ist. Alexander Cammann wagt in der ZEIT den Vergleich: "Das Karl-Marx-Jahr 2018 hat also begonnen. Es folgt auf das Lutherjahr, das jenem anderen deutschen Intellektuellen von welthistorischer Bedeutung galt."
Das Jahr, in dem Karl Marx geboren wurde, begann mit einer epochalen Publikation, an die Nicolas Freund in der SÜDDEUTSCHEN erinnert: "Anfang Januar 1818 erschien "Frankenstein", der erste Roman der damals gerade erst zwanzig Jahre alten Mary Shelley. Die Geschichte vom künstlichen Menschen, der keinen Platz in der Welt findet", meint Freund, "hat seitdem nichts von ihrer Kraft verloren". Und er bemerkt, als wolle er gleich zu Karl Marx übergehen:
"Shelley hatte, wie viele ihrer romantischen Dichterkollegen, ein Herz für Revolutionen. In ihren 'Streifzügen durch Deutschland und Italien', die von 1840 an entstanden, verurteilt sie die Hinrichtungen Aufständischer wie Andreas Hofer, der gegen die Besatzung seiner Heimat Tirol durch Bayern und Frankreich rebelliert hatte. Zugleich spricht sie sich gegen Gewalt aus: 'Denn jede Leidenschaft, ob gut oder schlecht, gärt – es reicht ein Funke und schon kommt es zur Explosion einer bewaffneten Revolte. Diese muss niedergerungen werden, sonst wird Europas Frieden gestört.'"

Von Not frei sein

200 Jahre später erscheinen im Feuilleton der ZEIT erstmals als gekürzter Vorabdruck die Gedanken einer der bedeutenden Denkerinnen und Autorinnen des 20. Jahrhunderts zu eben jenen Themen der Revolution und der Freiheit: ein bislang unveröffentlichter Essay von Hannah Arendt, überschrieben mit: "Die Freiheit, frei zu sein", in dem sie "das Wesen von Revolutionen" entfaltet:
"Die Männer der ersten Revolutionen wussten zwar sehr wohl, dass Befreiung der Freiheit vorangehen musste, waren sich aber noch nicht der Tatsache bewusst, dass eine solche Befreiung mehr bedeutet als politische Befreiung von absoluter und despotischer Macht; dass die Freiheit, frei zu sein, zuallererst bedeutete, nicht nur von Furcht, sondern auch von Not frei zu sein."
Es ist nicht das Schlechteste, gerade dieses Jahr mit den Gedanken großer Frauen zur Idee der Revolution zu beginnen.
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