Aus den Feuilletons

Freude über die gefestigte Demokratie

Sir Ian Kershaw auf der Frankfurter Buchmesse 2016.
Der englische Historiker Sir Ian Kershaw © picture alliance / Arno Burgi
Von Adelheid Wedel · 02.03.2018
Der britische Historiker Ian Kershaw verbreitet Hoffnung in der "taz". Er sieht bei allen Problemen die Chance, dass sich wieder mehr Menschen für die Demokratie interessieren.
"Ich glaube, wir haben sogar etwas Grund zum Optimismus."
Das ist doch mal eine Aussage! Sie kommt von dem britischen Historiker Ian Kershaw, der im Interview in der Tageszeitung TAZ über die Stärke der westlichen Demokratien, aktuelle Krisen, Europa und Rechtspopulisten im Vergleich zu den Zeiten von 1945 laut nachdenkt. Im Vergleich zur Weimarer Republik sieht er vor allem Unterschiede und sagt:
"Es gibt keine Staats-, System- oder Kulturkrise. Die Demokratie ist in Westeuropa nicht umstritten, anders als damals. Die Demokratie heute ist gefestigt und Deutschland ist ein wirtschaftlich erfolgreiches Land."
Kershaw sieht bei all den Problemen die Chance, dass das Interesse an der Demokratie neu mobilisiert werden kann. Er meint:
"Wir brauchen Politiker mit Mut, die bereit sind, auch mal etwas Neues zu wagen."
Dabei setzt er seine Hoffnung auf Macron, um die EU Schritt für Schritt zu reformieren.

RBB-Intendantin: Nachdenken über Wert der Öffentlich-Rechtlichen nötig

In der Schweiz, die ja zweifelsfrei zu Europa gehört, steht an diesem Sonntag die Rundfunkgebühren-Abstimmung auf dem Programm. "Haben Sie Angst?" fragt die TAZ Patricia Schlesinger, seit Juli 2016 Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Sie antwortet:
"Ich beobachte die Diskussion mit Sorge. Der Unmut, der sich dort äußert, wird gezielt geschürt. Dieses Beispiel zeigt, wie leicht es gehen kann, das vermeintlich Selbstverständliche einer Demokratie infrage zu stellen."
Die Öffentlich-Rechtlichen stehen nicht nur in der Schweiz unter Druck. Die Zeitung will wissen, welche Parallelen es zwischen den Diskussionen dort und hier gibt. Schlesinger dazu, "es gibt auch in Deutschland Unmut in der Bevölkerung, den wir ernst nehmen". Der Unterschied aber bestehe darin, dass wir hier keine Systemdebatte, sondern eine Preisdiskussion führen. Dabei sei zu bedenken, "wenn wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Teil der Demokratie begreifen und als eine Institution, die sich dieses Land leistet, dann müssen wir uns fragen, was ist er uns wert?"

Wie Trier seinen Karl Marx feiert

Wie Trier seinen Sohn Karl Marx zum 200. Geburtstag feiert, erfahren wir aus dem TAGESSPIEGEL. In Berlin gaben die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, ihr Vorgänger und jetziger Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, Kurt Beck, der Trierer Kulturdezernent sowie der Kulturbeauftragte des Bistums Trier einen ersten Einblick in das Jubiläumsprogramm. Eine Große Landesausstellung zu Karl Marx' Leben, Werk und Zeit bildet das Flaggschiff von insgesamt 600 geplanten Veranstaltungen in Trier und der Region. Wie der Tagesspiegel berichtet, war es witzigerweise der Bistumsbeauftragte, der den klassenkämpferischsten Satz des Abends prägte, den wir hier zitieren:
"Wir erleben eine Konzentration des Kapitals, wie sie sich Karl Marx in seinen übelsten Träumen nicht vorstellen konnte!"
Beatrix Bouvier, die wissenschaftliche Leiterin der Ausstellung, erläutert: Marx sei ein großer Denker, vergleichbar mit Max Weber oder Darwin. Kulturdezernent Schmitt ergänzt: Der Pulverdampf des Kalten Krieges ist mittlerweile verraucht und damit sei die Zeit gekommen, sich mit Marx zu befassen.

Ein Italiener in Berlin

Neu-berlinern heißt das Schlagwort, unter dem die TAZ monatlich einmal einen Neuankömmling in Deutschland, in Berlin, vorstellt. An diesem Wochenende schreibt Henriette Harris aus Kopenhagen über den italienischen Soziologen Roberto Sassi. Im Frühling 2015 kam er für eine Mitarbeit am Projekt "Erasmus für junge Unternehmer" nach Berlin. Dann bekam er von einem italienischen Verlag den Auftrag, einen Reiseführer über die rebellischen Seiten Berlins zu schreiben. Dieses Buch hat ihn an die Stadt gebunden. Es habe immensen Spaß gemacht, Berliner Geschichten erzählen zu können. In Italien ist Berlin oft mehr eine Idee, ein Begriff als eine Stadt. Am Sonntag sind Parlamentswahlen in seiner Heimat. Was denkt er?
"Für mich ist es wichtig, dass wir Italiener uns erinnern, Italien noch näher an Europa zu bringen. Und: Ich bin auch für eine europäische Staatsbürgerschaft."
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