Aus den Feuilletons

Ein Blick ins Getriebe der Politik

Kalt und unberechenbar: Die Lobbyistin Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) im Film "Die Erfindung der Wahrheit"
Kalt und unberechenbar: Die Lobbyistin Elizabeth Sloane (Jessica Chastain) im Film "Die Erfindung der Wahrheit". © imago/Cinema Publishers Collection/Kerry Hayes
Von Klaus Pokatzky · 04.07.2017
"In Europa sind viele heimlich vom US-Politiksystem und seinem Zerfall fasziniert", sagt der Regisseur John Madden im Interview mit dem "Tagesspiegel". Sein Film "Die Erfindung der Wahrheit" über Politik und Korruption in den USA kommt nun ins Kino.
"Der Kosmos ist einfacher, als wir denken."
Das erfahren wir aus der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und fassen dann doch erst mal Mut.
"Die Lebensformen auf der Erde sind hochkomplex."
Das unterscheidet uns eben von den unendlichen Weiten des Weltraums.
"Je älter ich werde, desto pessimistischer werde ich",
sagt im Interview mit der Tageszeitung DIE WELT der Fotograf Steve Schapiro, der die Bürgerrechtsbewegung der USA dokumentiert hat.
"Es gibt eine Rückkehr zu Selbstbezogenheit und Nationalismus",
erklärt im Interview mit dem Berliner TAGESSPIEGEL der Regisseur John Madden.
"Wir leben in einer Zeit, in der es keinen Respekt mehr vor dem politischen Diskurs gibt."
Anlass des Interviews ist John Maddens Film über Politik und Korruption in den USA "Die Erfindung der Wahrheit", der am Donnerstag in die Kinos kommt.
"Es ist nicht leicht, heute einen Film über das Wesen der Politik zu machen", meint John Madden: "Es gibt einen hohen Grad von Angewidertsein gegenüber der Politik, was wir dringend überwinden müssen. Und in Europa sind viele heimlich vom US-Politiksystem und seinem Zerfall fasziniert. Es ist, als würde man einem dramatischen Autounfall zuschauen. Wir leben in einer Zeit der Demagogie."
Und damit sind wir dann natürlich mal wieder bei ihm.
"Er twittert und twittert", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "und macht aus einer Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent 45 Prozent – weil er alle Amerikaner zählt, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen, vom Kleinkind bis zum Rentner".
Michael Hanfeld hat amerikanische Journalisten besucht – etwa Glenn Kessler, den Fakten-Checker der "Washington Post", der Falschdarstellungen vor allem von Politikern aufspürt.
"Im Schnitt, sagt der ehemalige Korrespondent, kämen Politiker auf fünfzehn Prozent falscher Angaben bei allem, was sie sagten. Donald Trump liege bei 65 Prozent. Der Lügenberg sei 'gewaltig'."

Kalifornien: Wunsch nach Gründung einer Republik

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG scheint uns wieder aufzurichten und blickt auf Kalifornien.
"Einer Abstimmung der Universität Berkeley zufolge befürworten 32 Prozent der Kalifornier eine Ausgliederung aus den Vereinigten Staaten von Amerika, die Gründung einer eigenständigen Republik und die Eingliederung in die Vereinten Nationen", schreibt Jürgen Schmieder. "Kalifornien ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von 2,46 Billionen Dollar die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt, noch vor Frankreich, Russland oder Indien."
Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße:
"Wer sich mit amerikanischer Gesetzgebung und Bürokratie beschäftigt, weiß allerdings: Die Ausgliederung eines Bundesstaates ist praktisch unmöglich."
Doch die Präsidenten kommen und gehen.
"In der Welt wechselten neun US-Präsidenten – Volker Ludwig fing mit Nixon an und hört mit Trump auf."

Würdigung des Gründers des Berliner Grips-Theaters

DIE WELT würdigt den Gründer des Berliner Grips-Theaters, der nach 48 Jahren, gerade 80 geworden, die Leitung seines Hauses aufgibt:
"1969 hat Volker Ludwig im Umfeld der APO, der Kinderläden und derjenigen, die von antiautoritärer Erziehung träumten, sein Theater gegründet", erinnert Matthias Heine: "Zuvor war er schon einige Jahre Texter des Reichskabaretts – ein Name, der damals noch ein klar erkennbarer Witz war; heute würde man schon wieder fürchten, er wäre ernst gemeint."
Und deshalb erfreuen wir uns an der FRANKFURTER ALLGEMEINEN, die beobachtet hat, wie sich in Stuttgart 400 Studenten aus 18 Schauspielschulen getroffen haben – und dabei nicht nur ihr Können auf der Bühne demonstrierten.
"Am Abend wird dann noch lange geredet und getrunken", schreibt Simon Strauss: "Um halb drei bittet das gegenüberliegende Altersheim um Ruhe. Die Letzten lassen die Kerzen an und verschwinden in der Jugendherberge auf der anderen Straßenseite."
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