Aus den Feuilletons

Das Louvre auf Reisen

Louvre in Abu Dhabi
Ein monumentaler Bau: Das Louvre in Abu Dhabi, inmitten eines sandigen Nichts © dpa / picture alliance / Benno Schwinghammer
Von Ulrike Timm · 10.11.2017
Abu Dhabi hat jetzt auch ein Louvre, das pompös eröffnet wurde. Ein Gebäude, dass die "FAZ" zum Schwärmen bringt. In Berlin wird derzeit weniger geschwärmt - über die zähen Sondierungsgespräche berichtet die "TAZ" mit einem Augenzwinkern.
"Das leuchtende Ei auf der staubigen Insel" - das neue Museum Louvre Abu Dhabi hat auf die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schon mächtig Eindruck gemacht, es wurde in jeder Beziehung geklotzt, nicht gekleckert. "Mehr als 500 Millionen Dollar hat die Golfmonarchie allein dem Louvre für das Recht bezahlt, seinen Namen in den nächsten 30 Jahren zu verwenden."
Der Bau aber ist spektakulär, wenngleich derzeit noch ein wenig allein auf weiter Flur und umgeben nur von ein paar frisch gepflanzten Palmen. "Der Louvre Abu Dhabi ist ein Ort, der große Gegensätze verbindet: Wie das Wasser suggeriert auch das Licht, das durch das Sternenmuster des Dachs fällt und mit dem Sonnenstand durchs Museum wandert, einen ständigen Wandel. Zugleich umhüllt das Dach die Anlage auch wie eine Oase, in der fern von allem eine eigene Welt existiert."
Vielleicht schreibt Lena Bopp in der FAZ auch so blumig, weil sie schlicht ein paar Sonnenstrahlen nötig hatte in der herbstlichen Trübnis, aber das architektonisch spannende Museum lockt mit offenbar intelligent zusammengeliehener Kunst, die nichts weniger erzählen will als die Geschichte der Menschheit. Das tut man wohl etwas schulmeisterlich, aber unter arabischer Sonne, und wer das Kleingeld hat und gerade frei – nix wie hin.
Wer nicht in die Sonne Arabiens entfliehen kann und mit dem graugrämiggrieseligen November hier klarkommen muss, versinkt gerne in ein Buch. Neue Bücher von Peter Handke, Juli Zeh und Daniel Kehlmann werden in den literarischen Zeitungen dieses Wochenendes rezensiert – die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aber macht Mut, sich einem der Urwerke des Kanons zu widmen und fragt "Darf’s ein bisschen Homer sein?". Die Ilias erscheint, neu übersetzt und kommentiert von Kurt Steinmann, und diese Großtat ist den Kollegen eine ganze vielstimmige Seite wert, um die "wichtigsten Mythen, die über das Werk im Umlauf sind" zu korrigieren, inklusive der "einschlägigen Achillessehne".

Brutaler als Game of Thrones

Mythos 3: "So ein alter Text ist nichts für mich. Ich blicke ja schon beim Nibelungenlied nicht durch". Korrektur: "Klar ist es praktisch, vorher noch schnell eine Zusammenfassung zu lesen, macht man vor einem Opern- oder Theaterbesuch ja auch… Kein Text ist zeitlich so weit entfernt von uns wie die 'Ilias', das älteste Stück Literatur des Abendlandes. Und doch scheinen Hollywood, der Schulunterricht, die geballte Antikenverehrung der gesamten Geistesgeschichte oder die unsichtbaren Einflüsterungen der Musen irgendwie eine Basis dafür gelegt zu haben, dass sich dieser Stoff auf rätselhafte Weise nah und vertraut anfühlt". Fazit der Leseempfehlung der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG: "Die Ilias mag brutaler sein als Games of Thrones. Dafür hat sie aber auch mehr Humor." Also nix wie ran an den Speck...
Filmreif sind nicht nur die uralten Stories aus dem antiken Griechenland – die TAZ erzählt eine "außergewöhnliche Geschichte über Macht und endlose Verhandlungsrunden". Dazu lächelt Christian Lindner triumphierend, Angela Merkel gar nicht und Katrin Göring-Eckhardt gequält. Alle drei lächeln von einer kompletten Seite der TAZ wie auf einem Filmplakat. Kommentar dazu: "Hinterzimmergespräche sind in Kinofilmen oft sehr dramatisch. Mafiosi entscheiden, wer als Nächstes umgebracht wird, Fantasie-Könige schmieden neue Allianzen. Damit kann der Spannungsbogen der Sondierungsgespräche bislang noch nicht mithalten." Also sollen ein paar leicht angepasste Filmtitel der Sache etwas aufhelfen, benannt werden zur freundlichen Verwendung: Vier Parteien für ein Hallelujah, Und täglich grüßt der Özedemir oder Fegefeuer der Eitelkeiten.
Wie kommentierend liest sich dazu der TAGESSPIEGEL. Obwohl er eigentlich nur ein kleines Interview mit Ronja von Rönne anbietet, die Arte-Moderatorin für ein Format namens Streetphilosophie wird, sie sagt: "Immer weitermachen. Je schlimmer es wird, desto mehr. Das große Trotzdem ist meine Philosophie. Hilft ja nix."
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