Aus den Feuilletons

Angeödet von den Rolling Stones

Die Rolling Stones bei einem Auftritt in Kuba im März 2016.
Die Rolling Stones bei einem Auftritt in Kuba im März 2016. © imago/Agencia EFE
Von Gregor Sander · 06.10.2016
Für ihr neues Album hatten die Rolling Stones elf Jahre Zeit – theoretisch. Eingespielt haben sie es letztlich in nur drei Tagen. Das findet manch ein Kritiker überhaupt nicht souverän.
So richtig gut, fand bisher noch kein Feuilleton die Enttarnung der italienischen Bestsellerautorin, die sich bisher hinter dem Pseudonym Elena Ferrante versteckte. Aber was soll man machen, scheinen sich die Redaktionen zu sagen und berichten munter weiter über den Fall. Und mehren so den Ruhm des zweifelhaften Enttarners Claudio Gatti, den die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sogar interviewt:
"Ich habe Namen von Verbrechern enthüllt. Ich habe mit Drohnen gemachte Aufnahmen, wie Menschen in Libyen auf Schiffe gepackt werden. Ich habe darüber geschrieben, wie Shell einen nigerianischen Ölminister bestochen hat. Niemanden hat das je interessiert."

Sind wir alle Mitschuld?

Sind wir also alle Mitschuld an der literarischen Enttarnung? Dann beenden wir die Debatte doch einfach, zumindest hier und heute. Worüber schreiben die Feuilletons denn sonst? Über alte Männer und damit sind noch nicht die Rolling Stones gemeint. Die SZ interviewt im Aufmacher den 85-jährigen Tom Wolfe.
"Der Anlass dieses Besuchs liegt auf dem Couchtisch: Sein legendäres Buch 'Electric Kool-Aid Acid Test' von 1968 ist als Prachtband neuaufgelegt worden."
Schreibt Peter Richter stolz. Und klar, Tom Wolfe ist natürlich immer gut für irgendeine Zote. Wir haben die beste herausgesucht:
"Um ein Intellektueller zu sein, ist nur eine Sache zu beachten, das ist, sich selbst als Intellektueller zu begreifen. Automatisch sind dann sehr viele andere Mitbürger unterlegen, weil sie keine Intellektuellen sind. Also ich hatte immer meinen Spaß mit den Intellektuellen."

"In eine Firma investiert, die Schweizer Geld druckt"

Und wir hatten schon deutliche mehr Spaß mit Tom-Wolfe-Interviews. Dann also vielleicht ein Anlagetipp von den Musikern von Yello?
Die werden in der Tageszeitung DIE WELT interviewt, weil sie nach 38 Jahren Bandgeschichte jetzt erstmals live auftreten wollen. Im Berliner Kraftwerk.
Über die Musik ist nicht viel zu lesen in diesem launigen Interview, dafür plaudert der 71-jährige Sänger Dieter Meier über das viele, mit den Yellow-Platten, verdiente Geld:
"Mein Vater – ein Banker übrigens - hat das Geld sehr vernünftig angelegt. Er hat in eine Firma investiert, die das Schweizer Geld druckt, weil Schweizer immer Bargeld und Banknoten haben wollen. Eine andere gute Idee war, in die Bahn nach Zermatt zu investieren."

Angeödet von den Stones

Jetzt fehlen hier natürlich nur noch die unsterblichen Rolling Stones. Die haben am Donnerstag eine Single veröffentlicht, mit der ein neues Album angekündigt wird. Das sie wiederum in nur drei Tagen eingespielt haben, wie ihr langjähriger Produzent Don Was prahlt. Was Markus Schneider von der BERLINER ZEITUNG anödet:
"Da sind Jagger, Richards und Watts – die verbliebenen Originalmitglieder, mit Youngster Ron Wood seit 41 Jahren an der Seite – nun Profis seit schlappen 50 Jahren und hatten kaum 11 Jahre Zeit, eine Auswahl zu treffen und die Nummern zu üben – und dann spielen sie den Blues (4/4, zwölf Takte, Tonika, Subdominante, Dominante) einfach so runter – tolle Typen!"
Und die spielen dieses Mal Chicago Blues, Stücke wie "Just a fool", das der Blues-Harp König Little Walter in den frühen Fünfzigern unter die Leute brachte. Jens Christian Rabe meint dazu in der SZ:
"Die Stones spielen den Song nun im Grunde schlicht und gekonnt Little Walter nach und rumpeln sich so wieder zurück in die Tradition, aus der sie stammen. Für eine sehr, sehr alte Rockband ist das eine würdevolle Entscheidung. Als Hörer ist man allerdings etwas ratlos, weil Little Walters Version doch einfach besser ist."

Kassenschlager: Eine Kerze riecht nach Apple-Comuter

Als Zeitungsleser ist man ratlos wenn man in der TAZ über diese handgegossene Kerze liest:
"Die 'New Mac Candle' soll nach neuem Mac riechen. Der spezielle Duft kommt durch eine Mischung der Gerüche von Minze, Pfirsich, Basilikum, Lavendel, Mandarine und Salbei zustande."
Kauft jemand eine Kerze, die nach einem Computer riecht und 24 Dollar kostet? Die Antwort steht in der TAZ:
"Wie man es von Apple selbst gewohnt ist, verkauft sich die teure Kerze trotzdem hervorragend – fürs Erste ist sie ausverkauft."
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