Aufholjagd im All

Von Dirk Lorenzen · 29.07.2008
Nach dem erfolgreichen Sputnikstart und der ersten bemannten Erdumrundung durch die Russen, schienen die Amerikaner den Wettstreit im Weltraum zu verlieren. Um im Technologiewettlauf des Kalten Krieges doch noch aufzuholen, schufen die USA eine zentrale Weltraumbehörde: Die National Aeronautics and Space Administration, NASA, wurde vor 50 Jahren gegründet.
Es begann mit einem Piepsen, das eine Metallkugel zur Erde funkte: Mit dem ersten künstlichen Satelliten Sputnik hatte die Sowjetunion die Vereinigten Staaten völlig überrascht. Das amerikanische Raketenprogramm war noch lange nicht so weit. In der US-Armee gab es in Luftwaffe, Heer und Marine gleich drei konkurrierende Projekte. Diesem Irrsinn setzte Präsident Dwight D. Eisenhower bald nach dem Sputnik-Schock ein Ende. Am 29. Juli 1958 unterzeichnete er das Gesetz zur Gründung der mächtigen, direkt dem Präsidenten unterstehenden Weltraumbehörde NASA.

Doch im April 1961 folgte der nächste Schock: Mit dem Russen Juri Gagarin kreiste der erste Mensch um die Erde. Nur sechs Wochen später hielt US-Präsident John F. Kennedy eine außerordentliche Rede zur Lage der Nation. Der bis dahin noch etwas orientierungslosen NASA gab er ein geradezu aberwitziges Ziel vor:

"Ich glaube, diese Nation sollte sich das Ziel setzen, vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond und wieder sicher zurück zur Erde zu bringen."

Die Finanzmittel für die NASA wurden binnen drei Jahren versechsfacht. Der Erfolg im Prestigeduell gegen die Sowjets musste her, koste es, was es wolle. Tatsächlich betrat im Juli 1969 der US-Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond.

"It's one small step for man, one giant leap for mankind.”"

Es sei ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesensprung für die Menschheit, funkte Armstrong zur Erde. Für die NASA war es ein unglaublicher Triumph - keine elf Jahre nach ihrer Gründung. Doch nach dem Mondflug fehlte es dem Weltraumprogramm an klar definierten Zielen. Das Apollo-Programm wurde bald eingestellt, die Mondraketen verschrottet. Stattdessen begann man mit der Entwicklung von Weltraumfähren, die einen Pendeldienst ins All bieten sollten.

""Tonight I am directing NASA to develop a permanently manned space station and to do it within a decade."

US-Präsident Ronald Reagan verfügte 1984 den Bau einer Raumstation, die binnen eines Jahrzehnts die Erde umkreisen sollte - in Anlehnung an Kennedys berühmte Mondrede. Doch die NASA der achtziger Jahre hatte nichts mehr von der Klasse der sechziger Jahre - und auch nicht die absolute politische und finanzielle Unterstützung. Die Raumstation wurde erst im Jahr 2000 realisiert - mit großer Beteiligung der Russen und Europäer. Zum ursprünglich geplanten wöchentlichen Pendeldienst ins All kam es nie. Die Raumfähren erwiesen sich als viel zu teuer und viel zu fehleranfällig.

""Columbia, Houston. We see you tire pressure messages, and we do not copy your last."

"Roger, abo…"

"At nine o'clock this morning, mission control in Houston lost contact with their space shuttle Columbia.”"

Anfang 2003 verunglückte, nach der Challenger-Katastrophe zum zweiten Mal, eine Raumfähre der NASA. Die Columbia zerbrach beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, die siebenköpfige Besatzung kam ums Leben. 2010 werden die Raumfähren ausgemustert. Für die noch zu bauende Nachfolgerakete verordnete US-Präsident George W. Bush der NASA ein neues altes Ziel:

""Our goal is to return to the Moon by 2020, as the launching point for missions beyond.”"

Bis 2020 wolle man zum Mond zurückkehren und dort längere Zeit bleiben. Damit soll die NASA bis 2020 wieder dort hinkommen, wo sie ein halbes Jahrhundert zuvor mit Apollo bereits gewesen ist. Im Kalten Krieg war sie eines der wichtigsten Instrumente der Vereinigten Staaten, um die Überlegenheit der Sowjetunion zu brechen. Doch heute ist die NASA nur noch ein Schatten ihrer glorreichen Anfangsjahre - von der Entschlossenheit und dem Leistungswillen jener Zeit ist nicht mehr viel zu spüren.