Arbeitsmigration

Brain-Drain in Rumänien

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Das Dorf Homocea im Osten Rumäniens © Deutschlandradio / Katrin Lechler
Von Katrin Lechler · 08.01.2014
Sie sind seit sieben Jahren in der EU, doch erst jetzt haben sie die gleichen Rechte wie die anderen EU-Bürger: Seit dem 1. Januar können Bulgaren und Rumänen ohne bürokratische Hürden in Deutschland Arbeit suchen. Doch die meisten auswanderungswilligen Rumänen sind schon vor Jahren emigriert - oder zu arm zum Weggehen.
"Es muss schön sein in Deutschland, sie haben viele Parks dort und mehr Technologie."
"Das Leben und die Leute dort sind besser."
Schüler einer sechsten Klasse in Homocea, einem Dorf im armen Osten Rumäniens. Die Kinder haben längst eine Meinung zur Arbeitsmigration - aus eigener Erfahrung. Ihre Eltern arbeiten in Spanien, Italien oder Portugal. Jeder zweite Schüler wächst bei Großeltern oder Verwandten auf.
Einige Familien sind schon komplett ausgewandert – vor allem die Hochqualifizierten aus der rumänischen Mittelklasse. Wer kann, geht weg. Dageblieben sind viele Roma. Sie stellen im Ort inzwischen die Mehrheit. Einzige Chance für sie aus der Armut ist Bildung.
Kindern Mut machen
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Gelu Dominica von der NGO Impreuna© Deutschlandradio / Katrin Lechler
Im Klassenraum beginnt die Stunde von Catalina Olteanu. Die junge Frau – mit den glänzenden schwarzen Haaren - ist extra aus der rumänischen Hauptstadt angereist, um mit den Kindern über ihre Zukunft zu sprechen. Sie arbeitet für die Nichtregierungsorganisation Impreuna – übersetzt „Zusammen“. Ihr Ziel ist es den Kindern Mut zu machen – und speziell die rumänischen Roma-Kinder aus dem Teufelskreis von Armut, Diskriminierung, geringer Selbstachtung und frühem Schulabbruch herauszuholen. Sie beginnt ihren Unterricht mit einem Film. Der trägt den Namen „Was willst du werden, wenn du groß bist?“ und stellt die unsichtbaren Roma vor: Die, die gut integriert sind, die es geschafft haben. Sie sind Anwälte, Schauspieler, Soziologen, Priester oder Grenzschützer. „Mochtet ihr das Video“, fragt Catalina Olteanu die Schüler.
"Mochtet ihr das Video?"
Schüler.: "Ja!"
Lehrerin: "Warum mochtet ihr es? Mochtest du es?"
Mädchen: "Ja"
Lehrerin: "Warum?"
Mädchen: "Weil es mir einen Weg im Leben gezeigt hat. "
„Ja“, sagt ein Mädchen, ihr gefällt der Film, weil er ihr einen Weg im Leben zeigt. Viel mehr kommt von den Kindern nicht. Sie antworten in Phrasen oder einsilbig.
Pause. Einige bleiben im Raum. Sie sind neugierig auf die fremde Reporterin aus Deutschland. Jetzt sind sie plötzlich nicht mehr einsilbig. Sie erzählen, wie sie allein zur Schule gehen, allein Hausaufgaben machen, sich ihr Essen zuhause machen, auf dem Hof helfen. Alles selbstständig, sie scheinen schon früh erwachsen geworden zu sein.
"Unsere Eltern sind weggegangen, um ihren Kindern einen besseren Start in die Zukunft zu ermöglichen."
Sagt der blonde Julian aus der sechsten Klasse ernst. Er lebt mit seinen zwei Brüdern bei den Großeltern.
Mutter kommt nur zweimal im Jahr nach Hause
Auch die 12-jährige Veronika lebt allein mit ihrer Großmutter – schon seit sechs Jahren. Ihre Mutter kommt nur zweimal im Jahr nach Hause, in der Zwischenzeit skypen oder telefonieren Mutter und Tochter:
"Meine Mutter mag ihr Leben im Ausland nicht. Sie sehnt sich nach ihrer Familie und ihren Freunden. Meine Mutter fühlt sich fremd dort. Mit Geld kann man kein Glück kaufen."
Die Kinder wissen kaum etwas über das Leben ihrer Eltern im Ausland. Und die Eltern können ihre Kinder beim Heranwachsen nicht begleiten. Eine schwierige Situation, sagt Lehrerin Cristina Rebeka:
"Sie haben kein elterliches Vorbild, jemand, der sie führt. Statt zuzuhören im Unterricht, erzählen sie mir oft von ihren Problemen. Wir versuchen ihnen zuzuhören – nicht so sehr als Erzieher, sondern eher als Vertrauenspersonen."
Cristina Rebeka ist erst Ende 20, trägt einen engen Rock und Pumps. Sie glaubt, dass nur wenige ihrer Schülerinnen studieren werden so wie sie.
"Ich sage ihnen immer, dass Bildung ihre einzige Chance ist. Dass sie zur Schule kommen müssen. Aber leider werden die Mädchen sehr früh verheiratet. Wie Sie in der Diskussion gesehen haben, denken die Mädchen eher nicht darüber nach, welchen Beruf sie erlernen können. Denn ihr Beruf ist es, zuhause zu bleiben und früh Kinder zu bekommen. Meistens antworten nur die Jungen auf die Frage: Was willst du werden, wenn du groß bist. Mädchen vermeiden eine Antwort, weil sie wissen, ihr Umfeld verlangt von ihnen nur die achte Klasse abzuschließen, wenn überhaupt."
Hohe Schulabbrecherquote
Rumänien gehört zu den Ländern in der EU mit der höchsten Schulabbrecherquote. Auch der Anteil der Mädchen, die vor ihrem 18. Lebensjahr schwanger werden, ist im europaweiten Vergleich sehr hoch. Ein Grund mag sein, dass viele Kinder ohne ihre Eltern aufwachsen. Ein anderer ist das Gefühl von Perspektivlosigkeit. Daran hat der EU-Beitritt im Jahr 2007 wenig geändert. Zwar hat Rumänien nun Zugang zu europäischen Fördertöpfen, aber das wirkt sich kaum positiv aus: Die Löhne sinken, die Arbeitslosigkeit steigt seit 2008, Industrie und Landwirtschaft liegen brach. Dadurch muss Rumänien zum Teil Obst und Gemüse importieren, obwohl das Land fruchtbaren Boden hat.
Das Haus des Bürgermeisters von Homocea liegt gleich gegenüber der Schule. Es ist zweistöckig und ganz neu im Gegensatz zu den niedrigen, häufig unfertigen Häusern im Ort. Der Bürgermeister freut sich über die Mobilität der Menschen in Homocea:
"Etwa zehn Prozent der Menschen, die weggegangen sind, haben genügend Geld gespart, um zurückzukommen und ihre eigene Firma zu gründen. Zum Beispiel eine Autowerkstatt oder eine Baufirma. Es ist gut, weil die Leute aus dem Ausland Geld geschickt haben. Sie haben dazu beigetragen, dass das Dorf gewachsen ist und Häuser gebaut wurden. Und natürlich haben sie ihre zurückgelassenen Familien unterstützt. Das ist sehr gut!"
In Homocea - im Osten Rumäniens - leben mehrheitlich Roma. Sie gehören zu den Ärmsten, die es sich nicht leisten können, wegzugehen. So wie die Gemüsehändlerin Nina Barao, ihr Mann Marian und die vier Kinder.
"Wenn wir 100 Lei am Tag verdienen, reicht das für die ganze Familie."
750 Euro im Monat für die ganze Familie
Die sechsköpfige Familie lebt von 100 Lei am Tag, erzählt die Gemüsehändlerin. Das sind im Monat umgerechnet etwa 750 Euro - gerade genug um zu überleben. So geht es vielen Menschen in der Region Moldau. Für sie ist es eine große Chance, dass alle Schranken auch zum deutschen Arbeitsmarkt gefallen sind am 1. Januar, trotzdem zögern sie.
"Wir würden in ein anderes Land gehen, denn das Leben ist hart hier. Aber wir kennen niemanden im Ausland. Die Konkurrenz dort nimmt zu, weil viele Leute weggehen. Man weiß nie, was die Zukunft bringt, vor allem, wenn du in einem fremden Land bist mit fremden Menschen."
Marian Barao selbst knüpft keine großen Hoffnungen an die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Außerdem fürchtet er in Deutschland ausgenutzt zu werden, wie sein Schwager.
"Er hat dort sechs oder sieben Monate auf dem Bau gearbeitet - sieben bis zehn Stunden am Tag für 30 Euro! Davon musste er noch die Miete und die Verpflegung bezahlen."
Nicht nur auf dem Bau: Auch in Schlachthöfen, im Reinigungsgewerbe und in Paketlieferdiensten arbeiten Rumänen zu Hungerlöhnen. Insgesamt leben derzeit 250.000 Rumänen in Deutschland – vor allem in größeren Städten. Die große Mehrheit davon arbeitet und zahlt in die Sozialsysteme ein. Damit haben sich auch viele das Recht auf Sozialleistungen erworben, wenn der Job verloren geht. Etwa 40.000 Rumänen und Bulgaren in Deutschland erhalten derzeit das Arbeitslosengeld II. Damit machen sie etwa 0,4 Prozent aller Hartz-IV-Empfänger aus. Von sogenannter „Armutseinwanderung“, die die deutschen Sozialsysteme überlastet, kann hier keine Rede sein.
Größtes Manko der Zugereisten sind die mangelnden Sprachkenntnisse. Einige gleichen das mit einer hohen fachlichen Qualifikation aus: Über 20 Prozent der seit 2004 nach Deutschland eingewanderten Rumänen und Bulgaren zwischen 25 und 44 Jahren haben einen Hochschulabschluss, so das Jahresgutachten des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Der Anteil der gleichaltrigen deutschen Hochschulabsolventen liegt bei 18 Prozent.
Dorf nach Berlin ausgewandert
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Jugendliche im Dorf Fantanele bei Bukarest.© Deutschlandradio / Katrin Lechler
Das Dorf Fântânele, 35 Kilometer nördlich von Bukarest entfernt. Den Ort kennen auch viele Deutsche. Er ist fast eine Berühmtheit, weil von den ehemals 3000 Einwohnern heute fast die Hälfte in Berlin lebt. Seit etwa zwei Jahren wandern die ärmeren Bewohner aus. Die, die zufrieden sind, die Reichen, bleiben. Damit könnten Fântânele und Homocea, das Dorf im Osten, kaum unterschiedlicher sein. Während in Homocea die gut ausgebildete Mittelschicht schon vor Jahren gegangen ist und die Armen bleiben, ist es in Fântânele genau anders herum: Die Reichen sind noch da, die Armen wandern seit etwa zwei Jahren nach Berlin aus. Das zeigt wie groß die Bandbreite der Migranten aus Rumänien ist. Klischees greifen oft zu kurz.
Der Priester der christlichen Pfingst-Gemeinde, Sorin Pandele, empfängt uns. Fast alle Menschen in Fântânele gehören den Pfingstlern an. Sie gelten als besonders gottesfürchtig und traditionell. Das Haus des Priesters ist größer als die Nachbarhäuser und ein bisschen in den hinteren Teil des Grundstücks versetzt. Priester Sorin Pandele, ein großer, stattlicher Mann, geleitet uns in das modern eingerichtete Wohnzimmer: beigefarbene Ledersofas, ein Glastisch, Trockenblumen in einer zierlichen Vase.
Frauen bleiben zu Hause
"Pfingstler heißt, dass wir mit dem Heiligen Geist getauft worden sind. Unsere Frauen bleiben tagsüber im Haus und dürfen nur am Abend raus, in die Kirche und zurück. Den Rest des Tages bleiben sie zu Hause."
Priester Pandele ist voll des Lobes über die Deutschen. Denn er telefoniert und besucht regelmäßig seine Gemeindemitglieder in Berlin:
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Priester Sorin Pandele mit seiner Familie.© Deutschlandradio / Katrin Lechler
"Ich habe gesehen, was die Deutschen für die Menschen aus Fântânele getan haben: Sie haben ein anderes Verhalten, einen anderen Charakter, sie sind jetzt zivilisierter. Die Kinder bekommen Essen in der Schule und andere Dinge. Hier bekommen sie gar nichts in der Schule. Eine deutsche Lehrerin hat mal ein Kind gefragt, was es essen möchte. „Fleischbällchensuppe“ hat es gesagt. Da hat sie das Rezept im Internet gesucht und das Essen für das Kind gekocht. Das ist großartig! Wenn dieses Kind hier in Rumänien um eine Suppe gebeten hätte, hätte es einen Klaps bekommen."
Der vierjährige Sohn des Priesters, eines der 13 Kinder, kommt herbei und zieht eine Schnute. Er will auch ein iPhone haben wie die deutschen Kinder, erklärt der Vater. Und wieder hat der Priester eine Anekdote aus Deutschland parat:
"Eines der Kinder von hier, das in Berlin zur Schule geht, hat sich zu Weihnachten ein iPhone gewünscht. Und ein Lehrer hat ihm einfach eins geschenkt."
Das klingt wie paradiesische Zustände, selbst in Fântânele, einem Dorf, das als reich gilt und in dem überall gebaut wird. Pandele schätzt, dass noch einige hundert Menschen aus Fântânele nach Berlin ziehen werden. Es ist vor allem das Schulsystem, das vielen eine bessere Zukunft verheißt. Aber auch eine Eigendynamik, die speziell für dieses religiöse Dorf gilt: Denn weil so viele Menschen aus Fântânele in Berlin sind, kommen andere Dorfbewohner nach.
Nicht nicht mehr Rumänen
Ich treffe den rumänischen Soziologen Mircea Kivu in Bukarest. Er zweifelt daran, dass der offene deutsche Arbeitsmarkt noch mehr Rumänen auswandern lässt.
"Die Mittelklasse war schon immer begehrt als Arbeitskraft im Westen und hatte keine Probleme auszuwandern. Ich weiß nicht, warum sie jetzt stärker emigrieren sollten als bisher. Die Masse der potentiellen Emigranten sind Menschen mit geringerer Bildung. Sie konnten aber schon vorher emigrieren. Sie sagen einfach: Ich fahre hin und sehe vor Ort."
Allein in den letzten zehn Jahren hat Rumänien etwa zwei Millionen Einwohner verloren. Nicht nur, aber auch nach Deutschland. Mit Folgen, die schon heute zu spüren sind, sagt Soziologe Mircea Kivu:
"Von den Hochqualifizierten sind am häufigsten Ärzte emigriert. In Rumänien werden sie sehr schlecht bezahlt – das Anfangsgehalt liegt bei 200 Euro, mit zehn Jahren Erfahrung bekommen sie 500 Euro monatlich. Es gibt Dörfer, wo du erst 100 Kilometer in die nächste Stadt fahren musst, um einen Arzt zu finden."
Hinzu kommt die Alterung der Gesellschaft, die Deutschland durch Zuwanderer kompensiert. In Rumänien gibt es dagegen kaum Zuwanderung.
"Das bedeutet, dass es in 15, 20 Jahren kein Geld mehr im staatlichen Rentensystem geben wird. Das gesamte System wird kollabieren."
Immerhin gibt es ab nächstem Jahr eine satte Lohnerhöhung in Rumänien für Ärzte und Lehrer – von 350 auf fast 500 Euro. Es ist eines der wenigen Programme, das es vom Papier in die Wirklichkeit geschafft hat, kritisiert Gelu Duminica von der Nichtregierungsorganisation Impreuna.
"Rumänien hat 147 Strategien, die sich mit Migration und Beschäftigung auseinandersetzen. Doch um sie auch nur für ein Jahr umzusetzen, bräuchten wir das 17-Fache des derzeitigen rumänischen Haushaltsbudgets."
Roma im Rampenlicht
Die starke Abwanderung aus Rumänien rückt plötzlich eine Bevölkerungsgruppe ins Rampenlicht, die sonst kaum jemand beachtet: Roma. Gelu Duminica fordert eine Strategie, um sie besser im Land zu integrieren – und zwar nicht nur aus humanitären Gründen, sondern auch aus wirtschaftlichen:
"Roma sind eine Ressource. 2050 wird Rumänien nur noch 16 Millionen Einwohner haben. Davon werden Eurostat zufolge zehn Prozent Roma sein. Diese Bevölkerung wird die jüngste in Rumänien sein. Ungefähr 20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung werden Roma sein."
Doch statt ihr Potenzial zu heben, werden die Angehörigen dieser größten Minderheit in Rumänien ausgegrenzt. Jüngstes Beispiel ist die Kleinstadt Eforie an der Schwarzmeerküste.
Anfang Oktober ließ der Bürgermeister eine Roma-Siedlung mit Bulldozern räumen. 110 Menschen, darunter 60 Kinder, wurden plötzlich obdachlos und mussten bei Regen und Sturm im Freien schlafen.
Die dortigen Roma hatten schon zu kommunistischen Zeiten die Erlaubnis erhalten am Stadtrand zu siedeln. Nie aber durften sie das Land rechtmäßig erwerben, sagt Vladimir Konstantin, der mit seiner Familie vom Souvenirhandel lebte. Im nächsten Jahr laufen ihre Personalausweise mit der Adresse der zerstörten Siedlung aus. Ohne festen Wohnsitz wird es für ihn und alle anderen Bewohner der Siedlung schwer, gültige Papiere zu bekommen. Und ohne gültige Papiere können sie weder ihren Souvenirhandel fortsetzen, noch wählen gehen, noch im Krankenhaus behandelt werden. Sie wären Bürger zweiter Klasse. Der Souvenierhändler Konstantin fühlt sich geschasst.
Warum gehen?
"Ich möchte eigentlich hier bleiben. Warum sollte ich in ein anderes Land gehen? Wenn ich eine anständige Unterstützung und Rente hätte, würde ich das Land nicht verlassen – warum sollte ich?"
Die Situation in Eforie ist vergleichbar mit 80 Prozent der Roma-Gemeinden in Rumänien, sagt Cristian Buceanu. Er ist selbst Lokalpolitiker in einem Vorort von Bukarest - und einer der wenigen Roma in politischen Funktionen.
"Wenn die Leute zum Amt gehen, um Papiere zu bekommen, dann müssen sie zuerst ein Dokument unterzeichnen, dass sie illegal wohnen oder illegal auf öffentlichem Grund gebaut haben."
Er zeigt ein solches abfotografiertes Dokument auf seinem Smartphone. Auf diese Weise können die Behörden die Roma-Siedlungen jederzeit rechtmäßig abreißen. Cristian Buceanu fürchtet, dass das brutale Vorgehen in Eforie Schule macht: So gewinnen die Stadtoberen Sympathien bei den Mehrheits-Rumänen und Land für neue Bauprojekte. Dagegen helfen nur zwei Dinge, glaubt Cristian Buceanu: So wie er, müssen mehr Roma in politische Ämter und es braucht internationalen Druck. Deshalb hat der Lokalpolitiker schon Botschafter, Stiftungsvertreter und sogar den Weltbankpräsidenten in seine Gemeinde gebracht.
"Der meiste Druck sollte aus der Europäischen Union kommen, sie kann Rumänien auffordern, die rechtlich unklare Wohnsituation der Roma zu klären."
Viel einfacher ist dagegen der Weg, den Deutschland und Großbritannien eingeschlagen haben: Sie diffamieren die Einwanderung von Rumänen und Bulgaren pauschal als Armutseinwanderung. Dabei sind die Einwanderer aus Südosteuropa oft gut ausgebildet und in der großen Mehrheit nicht auf die westeuropäischen Sozialsysteme angewiesen. Mit der Freizügigkeit nutzen sie ein Recht, das bei anderen EU-Bürgern gar nicht in Frage gestellt wird. Denn die Freizügigkeit gilt für alle EU-Bürger, unabhängig vom Kontostand oder der Herkunft.