Arbeitsmarkt und Einwandererkinder

Rückkehr in die Heimat der Eltern

Jobcenter in Leipzig
Trotz guter Ausbildung haben viele Einwanderer auf dem deutschen Arbeitsmarkt das Nachsehen. © dpa / Waltraud Grubitzsch
Von Martin Hyun · 30.04.2015
In Deutschland fehlen hochqualifizierte Arbeitskräfte. Und dennoch verlassen viele gut ausgebildete und mehrsprachig aufgewachsene Einwandererkinder das Land. Denn: Anders als in Deutschland bieten sich ihnen in der Heimat der Eltern beste Karrierechancen.
Es war 1993, als erstmals ein Traum zu platzen drohte: mein Traum, ein Nationalspieler zu werden. Wie jedes Jahr sollten die besten Talente für die Junioren-Mannschaft ausgewählt werden und ich befand mich unter den besten jugendlichen Eishockeyspielern Nordrhein-Westfalens auf der Reise zum Länderturnier nach Berlin.
Da eröffnete mir der Trainer, dass ich aus dem Kader gestrichen werden würde, weil ich dem Pass nach kein Deutscher, sondern Südkoreaner sei. Es sei denn, ich ließe mich von heute auf morgen einbürgern. Und es war meine Mutter, die voller Energie meinen Traum rettete. Denn ich bin in Krefeld geboren und aufgewachsen, nachdem meine Eltern – sie Krankenschwester und er Bergarbeiter – als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen waren.
Sie fuhr zur örtlichen Ausländerbehörde und wurde abgewiesen, suchte darauf die Düsseldorfer Bezirksregierung auf und erhielt eine Zusage – vorausgesetzt, die ganze Familie würde ihre Staatsbürgerschaft wechseln. Und so geschah es. Und ich konnte Nationalspieler und Eishockey-Profi werden. Einmal den deutschen Pass in der Tasche, machten mir meine koreanischen Wurzeln in der Sportwelt keine Probleme mehr, ganz anders als in der Arbeitswelt.
Keine Chance auf einen guten Job
Dort zählt es nicht, als Stipendiat der Begabtenförderung, Ehrenbotschafter und Preisträger Musterbeispiel gelungener Integration zu sein, zählt es nicht, zwei akademische Grade der Politikwissenschaften, Auslandsaufenthalte in den USA, Belgien und Korea vorweisen zu können. Zu sehr irritiert nämlich das asiatische Aussehen des Bewerbers aus dem Niederrhein.
Martin Hyun vor den Olympischen Ringen in Südkorea.
Martin Hyun vor den Olympischen Ringen in Südkorea.© Martin Hyun
Immer wieder wurde ich nach meiner Loyalität gefragt, vor allem wenn die ausgeschriebenen Jobs auch internationale Kontaktpflege verlangten. So hielt mich eine Personalleiterin für ungeeignet, beim Deutschen Olympischen Sportbund zu arbeiten, solange sich neben München auch die Stadt Pyeongchang in Südkorea für die Olympischen Winterspiele bewarb.
Am Ende verdiente ich mir meine Miete in einem Niedriglohn-Sektor, für den ich zwar nicht studierte hatte, aber wenigstens traf ich dort viele, denen es nicht anders ergangen war und die dort auf die berufliche Chance ihres Lebens warten. Mittlerweile habe ich sie erhalten – mit einem simplen Anruf aus Korea. Man fragte den gebürtigen Krefelder aus koreanischer Familie nicht nach nationaler Loyalität oder Universitätsabschlüssen. Es ging allein um Eignung, Befähigung und Leistung.
Und so bot man mir an, als technischer Direktor die Eishockey-Spiele der Winterolympiade 2018 in Pyeongchang zu koordinieren. Mein Sportler-Traum hat eine Fortsetzung erfahren ebenso wie der Erfolg meiner energischen Mutter. Und natürlich trete ich als Deutscher in Südkorea an.
Hervorragende Aussichten in den Heimatländern der Eltern
Das ist nicht ungewöhnlich. Vielen aus der zweiten oder dritten Generation, gut ausgebildet und mehrsprachig aufgewachsen, bieten die Heimatländer ihrer Eltern hervorragende Berufsaussichten, Arbeitsplätze, für die sie in Deutschland in einer langen Warteschlange stünden.
Ich freue mich auf die Herausforderung, will ein guter Botschafter deutscher Auslandskoreaner sein, damit andere mir folgen können. Meinem Vater habe ich versprochen, die Gräber seiner Eltern zu pflegen. Meiner Mutter werde ich helfen zu erfahren, was aus ihrem Vater geworden ist, der Anfang der 50er-Jahre während des Korea-Krieges verschleppt wurde. Und ich lasse ein Land in Europa hinter mir, das jeden Tag klagt, ihm fehle der Nachwuchs.
Martin Hyun wurde 1979 Krefeld geboren. Er ist Sohn koreanischer Gastarbeiter und studierte Politik sowie International Relations in den USA und Belgien. Er war der erste koreanischstämmige Bundesliga-Profi in der Deutschen Eishockey Liga sowie Junioren Nationalspieler Deutschlands. Seit 1993 ist er glücklicher deutscher Staatsbürger und lebt derzeit in Pyeongchang (Südkorea). Dort bereitet er als technischer Direktor die Eishockey-Spiele der Winterolympiade 2018 vor.
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Martin Hyun© Martin Hyun
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