Analyse des Bundesamts für Verbraucherschutz

Öko-Test und Stiftung Warentest im Vergleich

Eine Montage zeigt die Zeitschrift "Test" der Stiftung Warentest und das Logo von Öko-Test auf einer Spielzeugverpackung.
Eine Montage zeigt die Zeitschrift "Test" der Stiftung Warentest und das Logo von Öko-Test auf einer Spielzeugverpackung. © picture alliance / dpa /Deutschlandradio
Von Udo Pollmer · 20.10.2017
Wie aussagekräftig sind Produkttests? Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat die Arbeit von Stiftung Warentest und Öko-Test verglichen. Das Urteil in Form einer Note besage herzlich wenig, resümiert unser Lebensmittelchemiker Udo Pollmer.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das BVL, hat die Arbeit von Stiftung Warentest mit der von Öko-Test verglichen und das Ergebnis in seinem offiziellen Organ, dem "Journal of Consumer Protection and Food Safety" publiziert. Die Autoren analysierten beispielhaft die Sonnenschutzmittel-Tests, die von beiden Magazinen seit 2005 veröffentlicht wurden.

Testen für die Zielgruppe

Während die Arbeit der Stiftung Warentest mit Steuermitteln unterstützt wird, gehört Öko-Test zu etwa zwei Dritteln der Medienholding der SPD. Auf dem Markt bedienen sie als Konkurrenten unterschiedliche Zielgruppen. Stiftung Warentest prüft bevorzugt technische Merkmale, vor allem wie gut ein Produkt auch seinen Zweck erfüllt. Im Falle von Sonnenschutzmitteln interessiert natürlich an erster Stelle, ob der Lichtschutzfaktor, der auf der Packung ausgelobt wird, auch tatsächlich enthalten ist. Ökotest geht im Gegensatz zu Stiftung Warentest davon aus, dass der Lichtschutzfaktor schon stimmen wird, und widmet sich stattdessen der Bewertung jener Inhaltsstoffe, die es als kritisch ansieht.
Dazu zählen beispielsweise die UV-Filtersubstanzen. Seit Jahren geistert der Verdacht durch die Fachpresse, dass einige UV-Filter hormonelle Wirkungen entfalten; Ökotest hat dies in seine Bewertungen mit einfließen lassen, was zum Vorwurf der Übertreibung führte. Schon taucht ein weiterer Verdacht auf: Einige der UV-Filter sind offenbar neurotoxisch, also Nervengifte. Kritische Stimmen sind bei Produkttests zu begrüßen, auch wenn sie mal über das Ziel hinausschießen. Schließlich musste der Gesetzgeber oft genug nachbessern, weil Tatsachen bekannt wurden, die zum Zeitpunkt der Zulassung noch niemand ahnte.

Lektüre vs. Messung

Irritierend wirkt jedoch folgende Kritik des BVL an Öko-Test: Offensichtlich beruhen einige der Bewertungen lediglich auf der Lektüre der Verpackung statt auf realen Messungen. Sonnenschutzmittel, die vom Hersteller als "parfümfrei" beworben wurden, werden bei Öko-Test im Kleingedruckten als "nicht untersucht" gekennzeichnet. Dabei wäre dieses Kriterium wichtig, denn viele Kunden kaufen gezielt Produkte ohne Duftstoffe. Auch in der Annahme, sie könnten dann die Chemikalienmixtur leichter am Eigengeruch beurteilen.
Nun hat die Lebensmittelüberwachung Ostwestfalen-Lippe bereits 2012 in einer Schwerpunktaktion fast 200 "parfümfreie" Körperpflegemittel überprüft. Ergebnis: "Trotz Bezeichnung als 'parfümfrei' wurden bei ca. 20 Prozent ( ... ) Duftstoffe – zum Teil in hohen Konzentrationen – nachgewiesen". Wenn man bedenkt, dass bei Öko-Test manche Duftstoffe bereits dann zur Abwertung führen, wenn sie nur in geringer Dosis nachgewiesen werden, dann schneiden dadurch Produkte mit unwahrer Werbung besser ab als die ehrlichen.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass beide Redaktionen bei ihren Tests gleiche Parameter von Mal zu Mal unterschiedlich gewichten. Wobei, so klagen die Autoren des BVL "nicht erkennbar ist, worin diese Variation begründet liegt". Dies hat aber Auswirkungen auf das Testurteil. Dadurch entsteht ein Spielraum, der es erlaubt, Produkte gezielt mit einer besseren oder schlechteren Gesamtnote zu versehen.

Vorsicht bei den Testparametern

Deshalb erfordern, so das BVL, nicht nur die Bewertung sondern auch die Testparameter eine aufmerksame Lektüre: "Alleine durch ein Label mit dem Testurteil auf dem Produkt", so das Fazit des BVL, "erklären sich weder das Gesamturteil noch der Beurteilungsschwerpunkt des jeweiligen Tests". Die Bundesbehörde warnt ausdrücklich davor, die Testurteile als eine "pauschale Aussage über die Qualität und Produktsicherheit zu werten". Will sagen: Das Testurteil in Form einer Note besagt herzlich wenig. Man fragt sich unwillkürlich: Welche Note haben sich diese Tests wohl verdient, wenn man sie an ihren eigenen Ansprüchen misst?
Fazit: Nicht jeder Test ist solider als die Produkte, die darin geprüft wurden. Schließlich müssen sich alle Marktteilnehmer egal ob Anbieter von Körperpflege, Nahrungsmitteln oder Zeitungen im Wettbewerb um die Gunst des Kunden behaupten. Mahlzeit!

Literatur:
Gielisch, J. et al: Vergleich der Testung von Sonnenschutzmitteln durch Stiftung Warentest und Öko-Test. Journal of Consumer Protecttion and Food Safety 2017; 12: 231-243
Ruszkiewicza, J. et al: Neurotoxic eect of active ingredients in sunscreen products, a contemporary review. Toxicology Reports 2017; 4: 245-257
Kunisue, T. et al: Urinary concentrations of benzophenone-type UV filters in U.S. women and their association with endometriosis. Environmental Science & Technology 2012; 46: 4624-4632
Kerdivel, G. et al: Estrogenic potency of benzophenone UV filters in breast cancer cells: proliferative and transcriptional activity substantiated by docking analysis.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) (Hrsg): Berichte zur Lebensmittelsicherheit 2012. Bundesweiter Überwachungsplan 2012. Gemeinsamer Bericht des Bundes und der Länder. Berlin 2013

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