Alltagsportrait von großer Sinnlichkeit und Ehrlichkeit

Peter Franke als Edgar in "Sohnemänner"
Peter Franke als Edgar in "Sohnemänner" © picture alliance / dpa
Von Hannelore Heider · 18.04.2012
Regisseur Ingo Haeb erzählt die Story gleich mehrerer gescheiterter Figuren. "Eine wichtige und sehr emotionale Geschichte tief empfunden und doch mit lakonischem Humor" - so das Urteil unser Kritikerin über "Sohnemänner".
Viele schwierige Themen wie Alter, Krankheit, Tod und kaputte Familien werden in dieser Tragikkomödie, die in der ZDF-Reihe "Das kleine Fernsehspiel" produziert wurde, auf wunderbar leichte Art verhandelt.

In seinem Regiedebüt gelingt dem Schauspieler und Drehbuchautor Ingo Haeb damit etwas, was im jungen deutschen Film wahrlich selten ist: eine wichtige und sehr emotionale Geschichte tief empfunden und doch mit lakonischem Humor und einem ausgezeichneten Schauspielerensemble so zu erzählen, dass das Gewicht der Story den Spaß am Zusehen nie erdrückt. Dazu kommt der Reiz eines modernen Heimatfilmes, denn die meiste Zeit verbringen die Helden auf einer idyllischen Almhütte im Schwarzwald.

Die Ruhe der Natur - der Kameramann Oliver Schwabe ganz unabhängig vom Geschehen einzigartige Augenblicke abgewinnt - scheint in den Film geflossen, der eigentlich Dramatik genug hat. Oma Hilde (Renate Delfs) wurde entführt von ihrem Enkel Uwe (Marc Zwinz). Sie hat ihn nach dem Unfalltod seiner Mutter aufgezogen und er konnte ihr Dahinsiechen in einem Hamburger Pflegeheim nicht mehr ertragen. Vater Edgar (Peter Franke) war ein Totalausfall, weshalb sein Sohn auch wenig begeistert ist, dass der Alte plötzlich auf der Alm auftaucht. Doch Uwes Partner Johann (Bernhard Schütz) ist milder gestimmt, hat er doch auch einen ihm unerträglich scheinenden alten Vater zu betreuen. Als dann auch noch Edgars junge Geliebte Melanie (Vera Teltz) mit ihrem halbwüchsigen Sohn Luis (Leon Köhler) auftaucht, ist das Gruppenbild desaströser Beziehungen komplett.

Zu viele Probleme könnte man meinen, zu durchsichtig die Versuchsanordnung, doch in diesem Vorurteil wird der Zuschauer aufs Angenehmste enttäuscht. Mit großer Sinnlichkeit und Ehrlichkeit zeichnet der Film ganz unprätentiös den Alltag dieser angeknacksten Gemeinschaft, den schwulen Sex ebenso wie die Pflege alter und kranker Menschen. Jede Szene bringt Überraschungen. Hier ist niemand nur gut oder böse. Die Alten mit ihren Vorurteilen sind so egoistisch wie die jungen mit ihrer scheinbaren Toleranz. Dass hier am Ende etwas wirklich zusammen gewachsen ist, was auch zusammen gehört, wird glaubwürdig und bewegend gespielt. Damit sind diese "Sohnemänner" weit weg vom üblichen Beziehungschaos deutscher Filme – absolut sehenswert!

BRD 2011, Regie & Drehbuch: Ingo Haeb, Darsteller: Marc Zwinz, Peter Franke, Renate Delfs, Bernd Schütz, Vera Teltz, Leon Köhler, 106 Minuten, ab 6 Jahren

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