Allgemeine Relativitätstheorie im Alltag

Einstein inside

Einsteinturm auf dem Telegrafenberg in Potsdam
Einsteinturm auf dem Telegrafenberg in Potsdam © picture alliance / dpa / Jens Wolf
Von Frank Grotelüschen · 25.11.2015
Die Allgemeine Relativitätstheorie hat längst Einzug in unsere Alltagstechnik gehalten: Ohne die Berücksichtigung von Einsteins Erkenntnissen würden zum Beispiel unsere Navigationsgeräte oder Funkuhren nicht richtig funktionieren.
Was hat ein Navigationsgerät mit Albert Einstein zu tun? Nun, ohne seine Allgemeine Relativitätstheorie würde es nicht vernünftig funktionieren.
"Wir spüren sie täglich im Global Positioning System GPS", sagt Claus Lämmerzahl, Direktor des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnik und Mikrogravitation in Bremen.
"Wenn man diese Effekte nicht berücksichtigen würde, würde man täglich einen Fehler von circa zehn Kilometern haben."

Im Weltraum ticken die Uhren anders

Die Basis von GPS sind hochgenaue Atomuhren an Bord der Navigationssatelliten. Diese Satelliten kreisen 20.000 Kilometer über unseren Köpfen - und verspüren deshalb eine schwächere Schwerkraft als am Boden. Die Folge:
"Die Uhren im Weltraum laufen anders als die Uhren hier auf der Erde. Man muss die Verschiebung der Uhren auf den Satelliten berücksichtigen."
Wegen Einstein ticken die Uhren auf den Satelliten ein klein wenig zu schnell, unterm Strich sind es 39 millionstel Sekunden pro Tag. Das müssen die Experten korrigieren, indem sie die Atomuhren auf den Satelliten ein bisschen langsamer laufen lassen. Täten sie das nicht ...
"... würden unsere Navis mit jedem Tag um elf Kilometer ungenauer werden - und wären damit schlicht unbrauchbar."
Auch bei der koordinierten Weltzeit muss man Einstein berücksichtigen. Diese Weltzeit ist es, nach der sich unsere Funkwecker richten. Um sie festzulegen, werden rund um den Globus Hunderte von Atomuhren miteinander abgeglichen.
"Und wenn ich eine Uhr hier bei der PTB in Braunschweig mit einer Uhr in den USA in den Rocky Mountains vergleiche, muss ich natürlich die Rotverschiebung mit berücksichtigen."
Die Atomuhr bei der PTB, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, steht 80 Meter über Meereshöhe. Die Uhr vom amerikanischen Schwesterinstitut steht 1600 Meter höher am Rand der Rocky Mountains. Deshalb tickt sie pro Jahr um fünf millionstel Sekunden schneller als die Uhr in Braunschweig - was man bei der Synchronisation natürlich berücksichtigen muss. Dasselbe Phänomen wollen sich nun auch Geoforscher zunutze machen - etwa Tanja Mehlstäubler von der PTB in Braunschweig:
"Je näher ich mich dem Gravitationszentrum nähere, desto langsamer vergeht die Zeit."

Klimaforscher setzen auf Einsteins Theorie

Die Wissenschaftlerin will das Schwerefeld der Erde extrem präzise vermessen und zwar mit Atomuhren. Ihr Kalkül: Laut Einstein tickt eine Atomuhr im Flachland langsamer als eine auf dem Berg. Die Folge:
"Wenn wir eine Uhr in Schweden stationieren und die mit der Uhr in Braunschweig vergleichen würden, könnten wir sehen, wie sich die schwedische Landmasse hebt."
Und zwar aufgrund der Gletscherschmelze, verursacht durch den Klimawandel. Einsteins Formeln könnten also bald der Klimaforschung helfen und vielleicht auch der Vorhersage von Naturkatastrophen.
Unter aktiven Vulkanen können sich enorme Mengen an Magma ansammeln. Ist die Masse des flüssigen Gesteins groß genug, würde eine Atomuhr, die man am Fuß des Vulkans aufgestellt hat, langsamer ticken. Und das - so die Idee - ließe sich dann deuten als Vorzeichen eines bevorstehenden Ausbruchs.
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