Alkoholkonzerne erobern Afrika

Gewinne, die krank machen

Eine Kellnerin schenkt in einer Bar in Abidjan/Elfenbeinküste ein Bier ein.
In Afrika leben inzwischen 25 Prozent der Komasäufer. © imago/Ulmer
Von Thomas Kruchem · 12.09.2018
Die WHO sieht Afrika erstmals als Kontinent mit den größten Alkoholschäden. Internationale Alkoholkonzerne wie Heineken und AB Inbev erobern Afrika als neuen Wachstumsmarkt. Die Folgen: mehr Komasäufer und kranke Kinder.
John, Sohn eines Kleinunternehmers in Kenias Hauptstadt Nairobi, trägt einen gut sitzenden Anzug. Zwei Jahre hat er Management studiert. Nach zu vielen Partys aber, sagt er, habe er das Studium geschmissen. Er wurde Marktschreier für Matatus, Kleinbusse. Dem Alkohol ist er treu geblieben – regelmäßig, vor der Arbeit.
"Wenn du trinkst, fühlst du dich motiviert. Du kannst lauter schreien und schneller rennen. Und je mehr Leute du zu deinem Matatu bringst, desto mehr Geld verdienst du. Nach der Arbeit aber fühlst du dich gestresst und müde. Du willst dich hinsetzen, entspannen und trinken. Und dafür hast du ja jetzt Geld."

Am wenigsten entwickelter Biermarkt in Afrika und Indien

Marktschreier John zählt zu einer Minderheit in Kenia wie in ganz Afrika. Erst ein Viertel der Menschen dort trinkt Alkohol. Besonders wenige sind es in muslimischen Ländern. Afrika jedoch gilt, neben Südasien, als Markt der Zukunft für die internationalen Alkoholkonzerne, Big Alcohol genannt. Dies erst recht, seit in Europa und den USA der Absatz stagniert. Hier scheint die Grenze des Alkoholkonsums erreicht. Aber Afrika hat eine junge, rasant wachsende Bevölkerung, eine wachsende Mittelschicht, die Markenprodukte will. Bier des niederländischen Braukonzerns Heineken zum Beispiel.
Heineken-Chef Jean Francois van Boxmeer sagt:
"Afrika ist bis heute, neben Indien, der am wenigsten entwickelte Biermarkt weltweit. Das Glas ist sozusagen erst halb voll. Das heißt: Afrika und Indien werden langfristig immer wichtiger für Heineken."
Der vielleicht wichtigste Grund: Es gibt zwar momentan noch relativ wenige Alkoholkonsumenten in Afrika, die aber trinken sehr, sehr viel. Die Konzerne wissen das und nutzen es aus. Sie manipulieren die Öffentlichkeit, korrumpieren Politiker, internationale Organisationen und die Wissenschaft. Alles mit dem Ziel, dass Trinkverhalten auf dem Kontinent zu ihren Gunsten zu verändern.

Traditionell den ersten Alkohol mit fast 30

In Afrikas Dörfern werden seit langem traditionelle Alkoholika gebraut: aus Maniok, Sorghum oder Kokosnüssen. Sie enthalten meist wenig Alkohol. Gebrannte Spirituosen brachten erst die Europäer. Dort, wo noch Traditionen gelten, unterliege der Alkoholkonsum zudem strenger sozialer Kontrolle, berichtet Paul Ndungu. Er ist Psychologe und leitet ein Rehazentrum für Suchtkranke außerhalb Nairobis.
"Ich durfte keinen Alkohol trinken, bevor ich auf einem eigenen Feld Zuckerrohr produzierte. Daraus und aus Früchten musste ich dann Muratina herstellen, traditionellen Wein. Mein Vater probierte davon und sagte: ‚Jetzt, da du Muratina herstellen kannst, darfst du auch Alkohol trinken.‘ Das Problem: Um von meinem Vater überhaupt ein Zuckerrohrfeld zu bekommen, musste ich verheiratet sein. Und eine Frau konnte ich mir erst suchen, nachdem ich beschnitten war, was bei uns Kikuyu mit etwa 20 Jahren der Fall ist. Und so war ich, als ich meinen ersten Alkohol trank, fast 30."
Man sieht auf dem Bild Zuckerrohrpflanzen in einer Plantage in Brasilien. 
Zuckerrohr dient in Kenia zur Gewinnung von Muratina, einem traditionellen Wein.© picture-alliance / RiKa
Ndungu spricht von einer Welt, die zusehends untergeht. Immer mehr Afrikaner leben in der Stadt. Immer mehr sehen im Fernsehen und auf dem Smartphone, via Facebook und Twitter, wie man in Industrieländern lebt. Und das, was sie sehen, wollen sie auch. Dazu komme in Kenia die traditionelle Freude an der Gemeinschaft, erklärt Philip Nyakundi, Leiter einer kleinen Organisation in Kenia, die Alkoholmissbrauch bekämpft.
"Kenianer lieben es, mit Freunden beim Bier zusammenzusitzen. Und jede Gelegenheit – einen Feiertag, ein Event, einen Geburtstag, eine Betriebsfeier – nutzen sie, um zu trinken. Damit verbunden ist sozialer Druck: Willst du als cool und loyal gelten, solltest du mittrinken. Das gilt auch für gute Geschäftsgelegenheiten oder wenn Du von einem preiswerten Grundstück erfahren willst. Und nur beim Trinken triffst Du den Leiter der guten Schule, auf die Du Deine Kinder schicken willst."

Alkoholkonzerne wollen die neue Mittelschicht Afrikas

Der Umsatz mit Bier, dem meistverkauften Alkoholgetränk, ist in Afrika, mit 13 Milliarden Dollar jährlich, noch recht klein: Er wächst aber dreimal so schnell wie der weltweite Bierverkauf. Die Nutznießer sind wenige internationale Konzerne: allen voran Anheuser-Busch Inbev, kurz AB Inbev, mit Sitz in Brüssel. AB Inbev verkauft 23 Prozent des industriell gebrauten Bieres weltweit – mit Marken wie Budweiser und Beck‘s. Deutlich kleiner sind Heineken und Diageo, der größte Spirituosenproduzent, mit Marken wie Johnny Walker Whisky und Smirnoff Wodka. Die drei Konzerne zusammen setzten 2017 etwa 100 Milliarden Euro um und erzielten einen Gewinn von rund 13 Milliarden Euro.
Daran hatte das Wachstum in Afrika einen maßgeblichen Anteil. Heineken, zum Beispiel, verkauft in Afrika 15 Prozent seines Biers, erzielt dort aber 21 Prozent seines Gewinns. Die Konzerne könnten Premium-Produkte in Afrika ähnlich teuer verkaufen wie in Europa, erklärt Philip Nyakundi. Dank sorgsam gestalteter Werbung auf haushohen Werbetafeln und im Fernsehen, Radio und im Internet.
"Tusker" ist ein bekanntes Bier aus Kenia.
"Tusker" ist ein bekanntes Bier aus Kenia.© picture alliance / dpa / UPPA Tim Bishop
Eine Werbung für Tusker, dass Premium-Bier des Konzerns Diageo in Kenia. Tusker trinken in der Werbung gut aussehende Männer, die mit Model-Partnerinnen Luxusautos fahren und in Traumvillen leben. Tusker-Trinker, so die Botschaft, haben Erfolg und Status; sie sind gesund, echte Männer und voller Kraft. Die neue dynamische Mittelschicht Afrikas – meint Alkoholmissbrauchs-Experte Philip Nyakundi.
"Die Mittelschicht in Kenia wächst. Und europäische Alkoholkonzerne tun alles, um diesen Markt zu erschließen. Für so viele Alkoholmarken wird inzwischen bei uns geworben. Süße pinkfarbene Wodka-Produkte für Frauen haben sie auf den Markt gebracht, coole Drinks für junge Leute und angeblich zuckerfreie und deshalb gesunde für ältere Männer. Jedes Segment des Marktes versuchen sie zu erreichen."
Jedes Segment eines Marktes aus meist wenig gebildeten Konsumenten voller Sehnsucht nach einem besseren Leben, die nur allzu gern die Glitzer-Botschaften der Alkoholkonzerne schlucken. Dass sie auch auf Jugendliche abzielen, bestreiten die Konzerne zwar; sie sponsern jedoch Fußball- und Rugby-Mannschaften, deren Anhänger überwiegend Jugendliche sind. Und das Diageo-Unternehmen East African Breweries Limited, kurz EABL, machte kürzlich eine Pop-Gruppe zum Markenbotschafter.
"Wir haben eine Boygroup hier in Kenia, die heißt Sauti Sol. Eine unserer besten Gruppen, super Lieder – und extrem populär bei Jugendlichen. Genau diese Band wurde nun von EABL als Markenbotschafter engagiert für einen Billig-Wodka mit dem Namen Chrome. Die Zielgruppe sind junge Leute. ‚Du hast nicht viel Geld‘, lautet die Botschaft. ‚Trotzdem kannst du dir Chrome leisten und Spaß haben mit deinen Freunden – natürlich auch als Frau. Probiere das süße Chrome Lemon. Du wirst es genießen.‘ Und mit der Band Sauti Sol als Markenbotschafter veranstaltet der Alkoholkonzern Konzerte in Universitäten – und macht dort Werbung für dieses alkoholische Getränk."

Tote durch populären Schnaps aus den Slums

Die Alternative zum industriellen Billig-Wodka findet sich in Nairobis Slums wie Mathare. Hier wird Alkohol noch illegal hergestellt, teilweise mit tödlichen Folgen, was die Big Alcohol-Konzerne für sich nutzen. Agnes Achieng, zum Beispiel, stellt in ihrer Brennerei Changaa her, einen unter den Armen Kenias überaus populären Schnaps.
"Um Changaa herzustellen, mische ich Hirse mit Zucker und Wasser und lasse die Mischung zwei Wochen lang gären. Den vergorenen Brei erhitze ich dann in diesem Topf. Das Destillat steigt als Dampf in den Topf darüber und auf dem steht ein dritter Topf mit Kühlwasser. Sechsmal wechsle ich das Wasser und nach drei Stunden habe ich dann sechs Liter Changaa. Einen wunderbar gebrannten Schnaps, wie ihn schon unsere Großväter getrunken haben – ohne chemische Zusätze."
Eine Changaa-Produzentin in ihrem Hinterhof im Slum Kibera in Nairobi. 
Eine Changaa-Produzentin in ihrem Hinterhof im Slum Kibera in Nairobi. Changaa bedeutet wörtlich übersetzt "Töte mich schnell". In Kibera wird es auch als Medizin eingesetzt.© dpa/ picture-alliance/ Elizabeth McSheffrey
Changaa aus den Slums enthalte oft Methanol, Flugzeugbenzin und andere Gifte, die die Wirkung verstärken sollen – berichtet in Kenias Innenministerium Wendy Gaya, Mitarbeiterin der Drogenbehörde NACADA. Zwischen 2009 und 2016 seien 3000 Kenianer an illegal produziertem Alkohol gestorben. Dies wiederum sei ein willkommener Grund für die legal operierenden Alkoholkonzerne, auch andere traditionell hergestellte Getränke wie Palmwein und Bananenbier pauschal zu verteufeln, erklärt die staatliche Drogen-Bekämpferin Wendy Gaya. Als Alternative empfiehlt Big Alcohol industriell gebrautes Billigbier.
"Sie nennen das billige Bier Keg und verkaufen es in großen Kanistern. Ein Getränk für wenig kaufkräftige Kunden, das, so sagen die Alkoholunternehmen, gesünder sei als illegal hergestellte Getränke. Und sie verlangen sogar Steuervergünstigungen für ihr Billigbier. Mit hohen Steuern verhindere die Regierung, dass arme Menschen, gesünderen Alkohol trinken. Die Regierung fördere also illegale Schnapsbrennerei. Mehr Menschen würden dann sterben. Und verantwortlich sei die Regierung."

Katastrophale Folgen für Zusammenhalt

Dass die Alkoholkonzerne immer mehr Kunden in Afrika gewinnen, führt der Psychologe Paul Ndungu auch auf die veränderten Lebensumstände zurück. Sie würden viele zum Alkohol treiben, hört er tagtäglich von den Suchtkranken in seinem Rehazentrum in Kenia:
"So viele Kenianer leben heutzutage in Unzufriedenheit, Hektik und Dauerstress. Jeder versucht sich und seiner Familie den Lebensunterhalt zu sichern – bei sehr begrenzten Ressourcen. Viele haben einen Schul- und Universitätsabschluss, aber keinen ordentlichen Job. Und neidisch blicken Sie auf Schulkameraden, die nie gut im Unterricht waren, aber irgendwann eine Gelegenheit beim Schopf ergriffen und reich geworden sind.
Hunderttausende Menschen in Nairobi stehen morgens um fünf auf, stehen stundenlang im Stau, um gegen acht am Arbeitsplatz zu sein. Und dann wieder Stau nach Feierabend. Da gehen viele lieber in eine Bar, trinken und warten, bis sich der Verkehr ein wenig beruhigt hat und fahren um neun oder zehn heim. Und dort gibt es dann Streit ums knappe Geld. Viele Kinder sind deshalb psychisch gestört. Und es gibt viel außerehelichen Sex. Wer all das bewältigen muss, flieht halt in den Alkohol."
Mit katastrophalen Folgen für den sozialen Zusammenhalt. Zum Beispiel in der Wellblechwüste des erwähnten kenianischen Slums Mathare. Hier staksen schon um elf Uhr vormittags Betrunkene durch verrottenden Unrat, berichtet die mitten im Slum lebende Lehrerin Caroline Atieno.
"Der Mann meiner Nachbarin Eveline kam gegen Mitternacht nachhause – völlig betrunken. Wenig später begann Eveline zu schreien: ‚Bitte schlag mich nicht. Hör auf mich zu schlagen.‘ Und der Mann brüllte: ‚Ich schlag dich, bis ich ordentliches Fleisch zu essen kriege.‘ Am nächsten Morgen lief Eveline mit den Kindern weg. Er aber holte sie zurück und trinkt, trinkt, trinkt weiterhin Alkohol."
Zu den Folgen für die Familie kommen die Auswirkungen auf die Gesundheit der Alkoholkranken: Diabetes, Kehlkopf-, Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Oft in Selbstmord mündende Depressionen. Früh einsetzende Demenz, Tuberkulose und ein zerrüttetes Immunsystem. Auch bei HIV/Aids spielt Alkohol eine wichtige Rolle: Wer betrunken ist, achtet weniger auf Sicherheit beim Sex. Und auch, wer sich schon angesteckt hat, dem schadet Alkohol. Das zeigen die Forschungen von Charles Parry. Er ist Professor für öffentliche Gesundheit in Südafrika.
"HIV-positive Patienten, die Medikamente nehmen, zeigen exakt das gleiche Trinkverhalten wie der Rest der Bevölkerung. Und wir haben festgestellt: Je mehr diese Menschen, die HIV-positiv sind, trinken, desto unregelmäßiger nehmen Sie ihre Medikamente. Und ihre Viruslast steigt. Das ist ein wichtiger Indikator dafür, wie infektiös sie sind und wie es um ihre Gesundheit bestellt ist. Hier haben wir große Probleme; aber niemand kümmert sich darum."

Mehr Alkohol-geschädigte Kinder als in Mitteleuropa

Die schlimmsten gesundheitlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums in Afrika zeigen sich aber bei einer anderen Gruppe: den Kindern. Experten sprechen von fetalen Alkoholspektrumsstörungen und, bei voll ausgebildeten Symptomen, vom fetalen Alkoholsyndrom. Betroffene Kinder sind sehr klein. Sie leiden an Missbildungen des Gesichts und Schäden am Nervensystem. Ihr Gehirn ist unterentwickelt. Sie sind lernschwach, verhaltensgestört und enden später oft im Gefängnis.
Am bedrohlichsten sind die Statistiken für Südafrika. Hier trinken viele Frauen auch während der Schwangerschaft und so hat Südafrika inzwischen die mit Abstand höchste Rate alkoholbedingter Fruchtschäden weltweit. Jahr für Jahr werden in Südafrika 70.000 bis 80.000 Kinder mit fetalen Alkoholspektrumsstörungen geboren, berichtet Professor Parry. Mindestens zwölfmal so viele pro 100.000 Einwohner wie in Mitteleuropa.


"In einer Gemeinde haben wir ein Viertel der Kinder an öffentlichen Schulen mit einer fetalen Alkoholspektrumsstörung diagnostiziert. Sie können sich vorstellen, wie sehr dies die Gesellschaft belastet und ihr Potential einschränkt. All diese Kinder bringen später nur wenig Leistung; Sie benötigen stattdessen jede Menge Ressourcen, sind eine Last für ihre Eltern und das Schulsystem. Und natürlich ist die Lebensqualität dieser Kinder beeinträchtigt."
Männer trinken Bier in einem Dorf in Togo.
Männer trinken Bier in einem Dorf in Togo.© imago/UIG/Pascal Deloche/Godong
Die Ursache für all die Probleme des Alkoholkonsums in vielen afrikanischen Ländern sei oft das fehlende Maß, erklärt Charles Parry. Der Professor aus Kapstadt hat die Trinkgewohnheiten in Südafrika ermittelt:
"Wir fanden heraus dass 53 Prozent aller Alkoholkonsumenten in Südafrika unter die Kategorie schwere Trinker fallen. Betroffene Männer trinken bei mindestens einer Gelegenheit im Monat mindestens neun Drinks, betroffene Frauen mindestens sieben Drinks. In der Provinz Gauteng, zum Beispiel, trinken 20 Prozent der Alkoholkonsumenten 82 Prozent des Alkohols."
Dazu passt eine andere Statistik von Charles Parry: Derzeit leben 15 Prozent der Weltbevölkerung in Afrika, aber 25 Prozent der Komasäufer.

Regierungen danken für Investitionen und Jobs

"Widersteht den Verführungen des Teufels", ruft der Prediger einer Pfingstkirche in Mathare – vor allerdings fast leeren Bänken in der rostigen Blechbaracke.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt: Regierungen sollen Alkoholwerbung in Verbindung mit Sport und Kultur verbieten, die Alkoholsteuern sollen möglichst hoch liegen.
Die Konzerne bekämpfen solche Maßnahmen, indem sie zu wichtigen Faktoren der heimischen Wirtschaft avancieren. Heineken zum Beispiel strebt an, 60 Prozent seiner Zutaten wie Sorghum, Maniok und Gerste von einheimischen Bauern zu beziehen. AB Inbev hat allein im vergangenen Jahr 200 Millionen US-Dollar in Südafrika investiert. Diageo baut für 150 Millionen Dollar eine weitere Brauerei in Kenia und schafft so Arbeitsplätze. Und vor allem: Die Konzerne unterhalten gute Beziehungen zu Regierungen: Der niederländische Journalist Olivier van Beemen berichtet über ein ganzes Land in Ostafrika, das am Tropf des Brauereikonzerns Heineken hängt.
"In Burundi, wo Heineken seit den späten fünfziger Jahren präsent ist, operiert der Konzern unter einem Diktator, der sich kürzlich per Referendum bestätigen ließ, dass er bis 2034 regieren darf. Heineken erwirtschaftet in Burundi mindestens zehn Prozent des Sozialprodukts und mehr als 30 Prozent des Steueraufkommens. Geld, das vor allem dazu dient, Polizisten und Soldaten zu bezahlen, die ihrer eigenen Landsleute unterdrücken. Es liegt also auf der Hand, dass Heineken in die Unterdrückung der Bevölkerung Burundis verwickelt ist."
Man sieht, wie Polizisten einen Jungen in Burundis Hauptstadt Bujumbura schlagen.
Polizisten schlagen einen Jungen in Burundis Hauptstadt Bujumbura.© picture-alliance / dpa / Dai Kurokawa
Olivier van Beemen hat ein kritisches Buch über Heineken veröffentlicht, das in den Niederlanden für einiges Aufsehen sorgte. Im Kampf um die öffentliche Meinung mobilisiert der Konzern nun die Wissenschaft.
"Heineken hat die Universität Leiden beauftragt, Auswirkungen seines Engagements in Afrika zu erforschen. Da geht es um, für ein sozialwissenschaftliches Projekt, gewaltige Summen. Heineken schlägt vor, mit einem Finanzvolumen von zwei bis zweieinhalb Millionen Euro zu forschen."
Je mehr respektable Partner, desto besser – meint Heineken und schloss Anfang 2018 eine Afrikapartnerschaft mit dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria, einer Institution, die mit zig Milliarden Euro Steuergeld vor allem aus den USA, Großbritannien und Deutschland finanziert wird. Der Fonds wolle – so heißt es – die logistischen Möglichkeiten des Bierkonzerns für die Verteilung von Medikamenten nutzen.
Tatsächlich fördert nun der globale Fonds für die Bekämpfung der drei wichtigsten Infektionskrankheiten einen Alkohol-Konzern, dessen Produkte zwei der Krankheiten verursachen, die der Fonds eigentlich bekämpft: HIV/Aids und Tuberkulose. Ein klarer Interessenkonflikt. Erst als bekannt wurde, dass Heineken in Afrika so genannte Promo-Girls benutzt – hübsche Mädchen, die in Kneipen Heineken-Bier anpreisen und sich dabei auch prostituieren. Erst nach dieser Enthüllung suspendierte der Globale Fonds seine Partnerschaft mit Heineken – allerdings nur vorläufig.
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