Akupunktur, Ayurveda, Homöopathie

23.03.2008
Der Markt für Alternativmedizin wächst. Immer mehr Patienten wenden sich grundsätzlich oder zumindest doch hin und wieder diesen Heilverfahren zu. Grund genug für den Brockhaus-Verlag, in seiner Reihe der einbändigen Sachlexika nun einen Lexikonband "Alternative Medizin" herauszubringen.
Mit dem guten alten ABC-Pflaster fängt er an - der neue einbändige Brockhaus "Alternative Medizin". Der mit Arnika, Tollkirsche und Cayenne-Pfeffer beschichte Aufkleber lindert Muskelverspannungen und Gelenkschmerzen, indem er die Durchblutung angeregt. Von hier aus deckt das Lexikon ein breites Themenspektrum ab. Die verschiedenen alternativmedizinischen Systeme werden präsentiert - nicht nur die bekannten, mit denen die meisten Menschen schon einmal in Berührung gekommen sind, wie Bewegungstherapie, Homöopathie, Akupunktur, Fasten oder Chiropraktik. Auch weniger gängige Heilsysteme haben Eingang gefunden: Astromedizin und Heilmagnetismus, Urschreitherapie und die ungewöhnliche Makrelen-Diät.

Beschwerde- und Krankheitsbilder, zu denen die Alternativmedizin etwas zu sagen hat, sind gleichfalls mit hunderten von Stichworten in das Lexikon aufgenommen: Depressionen, Blutarmut, Husten oder Schlafstörungen. Dazu kommt der ganze Bereich der Heilmittel - von Bachblüten über Fangopackungen bis hin zu Wasseranwendungen, Massagetechniken und den zahllosen Heilpflanzen, die in der Alternativmedizin Anwendung finden.

In seinem Aufbau trägt der Brockhaus "Alternative Medizin" der Tatsache Rechnung, dass der harte Gegensatz zwischen Schulmedizin und alternativer Medizin allmählich verschwindet. Viele Ärzte ergänzen ihr schulmedizinisches Angebot heute mit alternativmedizinischen Verfahren wie etwa der Akupunktur, sie verschreiben Naturheilmittel oder empfehlen Taiji zur Stärkung und Entspannung. Noch die exotischste Therapieform wird im Brockhaus betont sachlich und gründlich behandelt, dafür bürgen die Autoren, vorwiegend studierte Mediziner.

Flankiert durch farbige Bilder, Infokästen und Tabellen erläutern sie die Grundlagen des Heilverfahrens. Sie beschreiben das dahinter stehende Menschen- und Körperbild, zählen die Indikationen auf, die die Anwendung des Verfahrens sinnvoll erscheinen lassen, und erwähnen Studien, die ein alternativmedizinisches Verfahren stützen oder in ein kritisches Licht rücken. Ob Edelsteintherapie oder Astromedizin: Der Brockhaus schreibt dazu, wenn die Wirksamkeit eines Verfahrens wissenschaftlich bislang nicht erwiesen wurde.

Darüber hinaus gehen mehrseitige Sonderartikel besonderen Aspekten der alternativen Medizin auf den Grund. Hier geht es um zum Beispiel um Ernährung, um Heilberufe, das Leib-Seele-Problem, die Grundzüge östlicher Weisheitslehren, um die Frage der Prävention oder auch darum, wie die Alternativmedizin eigentlich zu ihren Wirksamkeitsnachweisen kommt.

Käufer eines populärwissenschaftlichen Medizinlexikons suchen nicht nur Fachinformationen, sondern auch persönlichen Rat rund um Gesundheit und Krankheit. Der Brockhaus spart nicht mit Wellness- und Gesundheitstipps und kommt in Infokästen ganz konkret auf den Punkt: Was ist zu tun bei einer Fastenkrise? Wie funktioniert ein Klistier? Welche Ernährung hilft bei Müdigkeit und Erschöpfung? Was tun bei kalten Füßen, Nasenbluten, Reisekrankheit? Wie kann man zu Hause in der Badewanne eine Mini-Kneippkur absolvieren? Insgesamt 220 solcher Infokästen bietet dieser Brockhaus - und kann damit als echtes Hausbuch für die Familie fungieren.

In seiner Mischung aus Sachinformation und Gesundheitsratgeber kann der Brockhaus die sonst vom Verlag gewohnte, sachliche Haltung nicht immer durchhalten. Wenn beispielsweise empfohlen wird, die so genannten "Rescue-Notfall-Tropfen" gehörten in den jede Hausapotheke, ohne aber darauf einzugehen, wie und warum diese Tropfen eigentlich wirken sollen, außer dass sie bei Fans der Alternativmedizin populär sind - dann befindet sich das Lexikon schon hart an der Grenze zum modischen Wellness-Ratgeber.

Auf der anderen Seite ist auch die Wirksamkeit vieler Verfahren der Schulmedizin wissenschaftlich längst nicht so hieb- und stichfest nachgewiesen, wie Patienten gerne glauben würden - ganz zu schweigen von den gravierenden Nebenwirkungen der in der Schulmedizin eingesetzten Medikamente, von denen viel zu selten gesprochen wird. Medizin - ob alternativ oder nicht - ist eben keine Naturwissenschaft, sondern die Kunst, kranke Menschen zu heilen. Wer sich in die Hände von Heilern und Heilmethoden begibt, ist gut beraten, sich zuvor sorgfältig zu informieren. Der Brockhaus ist da eine gute Quelle - eigenes Nachdenken erspart er nicht.

Rezensiert von Susanne Billig

Der Brockhaus Alternative Medizin
512 Seiten, 34,95 Euro