Aktionskünstler Hermann Nitsch

"Ich möchte ausbrechen aus der ekeligen Normalität"

Hermann Nitsch im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 30.01.2016
Seit den 60ern führt Hermann Nitsch sein "Orgien-Mysterien-Theater" auf - mit viel Blut, Kot, toten Tieren, nackter Haut. Jetzt ist es in der Münchner Villa Stuck zu sehen. Er suche die Intensität, sagt der Wiener Aktionskünstler, und "die hat auch mit Schmutz, Wollust und Exzess was zu tun".
Seit beinahe 60-Jahren nun schon hält der 77-jährige österreichische Aktionskünstler Hermann Nitsch fest an seiner Idee eines großen berauschenden Theaters. Die Zutaten: Viel Blut, Kot, tote Tiere, Tomaten, Trauben, Wein, kultische Handlungen, nackte Körper und weiße Stoffbahnen – genannt das "Orgien-Mysterien-Theater".
"Wie die abstrakten Künstler keine Gegenstände mehr malen wollten, so möchte ich, dass bei meinen Aktionen alles tatsächlich geschieht. Und weil ich ja eigentlich schon von Anfang an das absolute Regietheater kreiert hab, brauch ich diese faden domestizierten Epigonen nicht."
Von seinen Regietheater-Kollegen hält er nicht viel.
"Warum machen sie nicht selber Aktionen, diese Herrn? Warum müssen sie irgendein klassisches Werk verstümmeln, um ihr bissel Kunstfähigkeit zum Zug zu bringen?"
Eine Mischung aus Mysterienspiel und Lebensfest ist seine Kunst. Hermann Nitsch begann seinen künstlerischen Weg als Mitinitiator des Wiener Aktionismus in den frühen 60er-Jahren. Mit seinen mehrtägigen Ritual-Spektakeln hat er es von seinem Wohnort Prinzendorf in Niederösterreich bis ins Wiener Burgtheater geschafft.
"Ich suche die Intensität und die Intensität hat auch mit Schmutz, mit Wollust, mit Exzess was zu tun. Und ich möchte, dass meine Arbeit bis zu einem gewissen Maße aus der ekeligen Normalität ausbricht."
Immer wieder wurde er als Bürgerschreck oder Tierquäler angefeindet – später dann aber als Staatskünstler ausgezeichnet. Jetzt zieht sein "Orgien-Mysterien-Theater" in eine Ausstellung in der Villa Stuck in München. Im "Rang I"-Gespräch mit Susanne Burkhardt erzählt Nitsch, warum er Textbücher lieber in seinem Bewusstsein inszeniert und er nicht ins Theater geht: "Ich mag dieses zuckerlraschelnde Gesindel im Theater nicht."
Hermann Nitsch hat auch Opern inszeniert, allerdings nur aus Gefälligkeit, wie er sagt, und um gewissen Regisseuren zu zeigen, dass man das auch besser machen könne. "Ich möchte sowieso keine Fremdinszenierungen mehr machen."
Die Ausstellung "ExistenzFest. Herman Nitsch und das Theater" in der Villa Stuck in München läuft vom 5. Februar bis 8. Mai 2016.
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