Ai Weiwei in Berlin

"Die Stadt ermöglicht teure Ideen und Fantasien"

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Der Künstler Ai Weiwei: "Ich liebe Berlin." © Stephan Scheuer/dpa (zu dpa-Interview mit Ai Weiwei
Von Maria Ossowski · 07.08.2015
Ai Weiwei ist in Berlin, wo er im vergangenen Jahr mit einer Ausstellung im Martin-Gropius-Bau geehrt wurde. Chinas berühmtester Künstler und Dissident soll an der Universität der Künste eine Gastprofessur antreten, die die Universität ihm 2011 angeboten hatte.
Eine alte Brauerei in Berlin Mitte. Tief unten in den kühlen Kellern am Pfefferberg liegen viele seiner Exponate, Hunderte alte Hocker, Eiseninstallationen. Hier arbeitet Ai Weiwei in Berlin, in der Stadt, die ihn inspiriert und die ihn glücklich macht.

"Zuerst mal muss ich sagen: Ich liebe Berlin. Gestern Abend bin ich hier durch die Straßen gelaufen, hab mit den jungen Leuten in kleinen Eckkneipen gesessen, und ich hab mich so gut gefühlt. Es hat mich erinnert an die alten Zeiten in New York, Lower Eastside. Die jungen Leute schließen sich zusammen, sie haben viel Raum, um kreativ zu sein. Die Stadt ist nicht teuer im finanziellen Sinne, aber sie ermöglicht teure Ideen und Fantasien. Und das mag ich an ihr."
Kunst und Wissenschaft
In Berlin wird Ai Weiwei nächste Woche mit den Rektoren der Universität der Künste über seine Gastprofessur sprechen. Die Einsteinstiftung finanziert sie. Es geht also um Kunst und um Wissenschaft.
"Wissenschaft ist ein rationaler Teil des menschlichen Kampfes. Und sie bereichert immer die Kunst und die Philosophie. Wir sehen ja jetzt, wie das Internet das menschliche Dasein dramatisch verändert hat. Das Internet ist durch Wissenschaft entstanden. Und seine Charakteristik besteht doch wohl darin, zu zeigen, dass wir Menschen gleich sind."

Ai Weiwei postet, was immer Neues geschieht, Zehntausende folgen seinen Mitteilungen, gerade heute früh hat ein Follower auf Instagram erklärt, Ai Weiwei sei ein Botschafter der Hoffnung. Das Internet nutzt seiner Kunst, es ist beinahe ein Teil seiner Installationen geworden, und das Internet verändert seine Heimat.
"Ich glaube, in China ist das Internet gestartet wie eine Kerze in einem dunklen Raum. Jetzt sind viele, viele Kerzen ausgeblasen, aber viele neue Kerzen leuchten auf. Denn jeder einzelne Mensch ist eine Kerze. Die kann ihre Umgebung erleuchten. Und dann sind es auf einmal Millionen, Und die Welt wird eine andere sein."
Ausstellungseröffnung war eine Riesenüberraschung
In China hat Ai Weiwei kürzlich seine erste offiziell genehmigte Ausstellung eröffnet, die Behörden behandeln ihn freundlicher, trotz aller politischen Differenzen. Er sieht sogar Gutes in den Jahren, die er nicht Reisen durfte, so konnte er sich völlig auf seine Kunst konzentrieren. Die Ausstellungseröffnung vor Kurzem war eine Riesenüberraschung für ihn.
"Tausende von Menschen strömten in die Galerieräume, in allen sozialen Medien war die Eröffnung Thema. Und das war auch wunderschön für die Bildung der Leute. Und endlich konnte ich erfahren, dass sich die Anstrengung im Untergrund gelohnt hat. All die harte Arbeit, jetzt kann ich die Ernte einfahren. Meine Kunst ist da. Jeder kann sie sehen. Das ist irreversibel. Das ist wirklich wunderschön."

Die heikle Frage, die ihn umtreibt, lautet natürlich, ob er zurückreisen kann in seine Heimat. Die Behörden hatten ihm die Erlaubnis zur Rückkehr, das beruhigt etwas, klar zugesagt. In Berlin lebt seine Partnerin mit dem gemeinsamen Sohn, den er aufwachsen sehen möchte, denn der Junge sei klug und könne ihn sicher oft überraschen. Überraschungen liebt Ai Weiwei. Aber er muss nach wie vor in China arbeiten.
"Ich möchte hier bleiben, so lange es möglich ist"
"Ich möchte hier bleiben, so lange es möglich ist. Und das ist nicht lange, denn ich bin schon sehr alt. Ich habe Verpflichtungen, nach China zurückzukehren. Sie wissen, ich hab ein großes Team in China. Ich muss viele verschiedene Ausstellungen machen, das ist 'ne Menge Arbeit. Aber ich will soviel Zeit wie möglich in Berlin verbringen."
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