Agrarpolitik - der tägliche Öko-Wahnsinn

Von Udo Pollmer · 03.08.2008
Die Forderungen der Landwirtschaft nach einer Aufhebung des Fütterungsverbotes für Tiermehl werden immer lauter. Bei der EU-Kommission liegt ein Vorschlag in der Schublade, der vorsieht, die Verfütterung zumindest an Schweine und Geflügel wieder zuzulassen. Doch die Bevölkerung ist eher skeptisch, schließlich gilt die Verfütterung von infiziertem Tiermehl als Ursache der BSE-Krise.
Ist das Tiermehl inzwischen sicher? Wenn es hinreichend hitzebehandelt ist, ist Tiermehl auch nicht riskanter als andere Futtermittel. Die Briten haben ja auf dem Höhepunkt ihrer BSE-Krise hunderttausende von Tonnen BSE-Rinderpulver in verschiedene Länder geliefert, ohne dass es zu Massenausbrüchen gekommen wäre. Der wichtigste Übertragungsweg war doch ein anderer: Die Briten haben über Jahrzehnte aus Rinderhirnen Wachstumshormone gewonnen und diese wiederum ihrem Vieh gespritzt. Diese Praxis ist in der Sache unstrittig. Der Vorteil der Tiermehlhypothese war, dass der deutsche Steuerzahler die BSE-Krise finanzieren durfte. Sonst wäre es Sache der britischen Pharmaindustrie gewesen.

Unabhängig davon – mit dem Verbrennen von Tiermehl wird ja ebenfalls Kapital vernichtet. Nicht nur das. Die Entscheidung das Tiermehl zu verbrennen hatte zur Folge, dass die EU Monat für Monat eine Million Tonnen mehr Soja importieren musste. Damit begann der heute so beklagte Preisanstieg der Lebensmittel. Insofern bedeuten solche agrarpolitischen Maßnahmen zur Besänftigung des Volkszorns schon mal Verarmung und Hunger in anderen Teilen der Welt. Es ist halt nicht nur die Energie vom Acker, der Biodiesel, der zu dieser Preis-Spirale beigetragen hat.

In Dänemark wurde die Idee von der Energie vom Acker weiterentwickelt. Dort werden die Schlachtkörper nicht verbrannt, sondern zu Diesel verarbeitet. Wäre das nicht ein sinnvoller Kompromiss? Auf jeden Fall eine intelligentere Lösung. Die Dänen verdieseln ihre ausgemusterten Schweine-Schlachtkörper und Schlachtnebenprodukte. Dazu wird zunächst das Fett extrahiert, dann die Fettsäuren durch Hydrolyse freigesetzt und diese wiederum mit Methanol verestert. Der Schweinediesel wird in Dänemark bereits zu 5,75 Prozent konventionellem Treibstoff beigemischt.

Und was passiert mit den Rückständen der Extraktion? Das entfettete Fleischeiweiß wird von unseren Nachbarn verbrannt, grad so wie bei uns. Lediglich das Fett kommt in den Tank. Aber es gibt neben dem Eiweiß noch einen weiteren Rückstand: Das Glycerin. Es fällt bei der Herstellung von Biodiesel – egal ob aus Schweinen oder Raps - in großen Mengen an. Lange Zeit wusste niemand wohin mit dem ganzen Abfall der Biodieselproduktion. Die Chemische Industrie kann die Unmengen nie und nimmer verwerten. Inzwischen tut sich eine interessante Verwendung auf. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Glycerin von Rindern und Schweinen gern gefressen wird und die Mastleistung verbessert. Da Glycerin bisher als Zusatzstoff zugelassen war, wird es nun in erheblicher Menge verfüttert. Und zwar als Ersatz für den teuer gewordenen Mais. Aber ob sich das wiederum mit unserer Vorstellung von natürlicher Landwirtschaft verträgt, steht noch in den Sternen.

Wenn man die Auspuffabgase des Biodiesels verfüttern könnte, würden die auch noch im Trog landen. Da ist sogar was dran. Denn die Abgase von Traktoren haben sich als hervorragendes Düngemittel erwiesen. Die werden mit einer pneumatischen Drillmaschine einfach direkt in den Boden geleitet. Sie liefern nicht nur wertvollen Stickstoff, sondern auch Kohlendioxid, das gleichermaßen ertragssteigernd wirkt. Bisher wurde eine Kohlendioxid-Düngung nur in Treibhäusern praktiziert. In Nordamerika und Australien wurde das Abgas-Dünge-Verfahren inzwischen fünf Jahre erfolgreich erprobt. Dadurch lassen sich nicht nur Lebensmittel, sondern auch Futtermittel umweltfreundlich anbauen. Und so schließt sich der Kreis.


Literatur:
Pollmer U: BSE: Zeit der Stille. EU.L.E.n-Spiegel 2006; H.5: 9-15
Traktorabgase werden als Dünger verwendet. DLG-Mitteilungen 2008; H.4: 9
Biodiesel aus Schlachtabfällen. DLG-Mitteilungen 2008; H.3: 12
Glycerin als Maisersatz im Futter. DLG-Mitteilungen 2007; H.7: 8
Siehe auch das Protokoll der 166. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 5. Juni 2008