70 Jahre Grundgesetz (3/3)

Christen proben den Ungehorsam - Die Realität des Kirchenasyls in Deutschland

Von Rupert Neudeck · 19.03.2019
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Nach der Einschränkung des Asylrechts im Jahr 1993 und einer Welle von Abschiebungen nahmen immer mehr Kirchengemeinden Flüchtlinge in Kirchen und Pfarrhäusern auf, um sie vor dem Zugriff der Polizei zu schützen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik war das Verhältnis von Staat und Kirchen ernsthaft gestört.
Bis dahin hatten sich die Kirchen als staatstreu erwiesen und dank Kirchensteuer, Konkordaten und juristischem Tendenzschutz von dieser Staatsnähe profitiert. Die Kirchenasylbewegung dagegen wurde von Bischöfen beider Konfessionen gestützt. Vor allem Politiker der Union waren verstimmt. Für die Gemeindemitglieder war diese Form des zivilen Ungehorsams ungewohnt und nicht ohne Risiko - war doch zu Beginn völlig unklar, ob der Staat den geschützten Raum der Kirche respektieren, oder Pfarrer und Gemeinderäte zur Verantwortung ziehen würde.

Christen proben den Ungehorsam
Die Realität des Kirchenasyls in Deutschland
Von Rupert Neudeck

Regie: Peter Behrendsen
Es sprachen: Christian Korp und Rupert Neudeck
Ton und Technik: Ingeborg Kiepert und Susanne Friedrich
Produktion: Dlf 1994

Rupert Neudeck war von 1978 bis 2002 Redakteur im Deutschlandfunk für das Politische Feature. Für sein Engagement, unter anderem als Mitbegründer der Hilfsorganisationen "Cap Anamur" und "Grünhelme", wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt. Er starb am 31. Mai 2016 im Alter von 77 Jahren.
Vor 70 Jahren im Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Zahlreiche Debatten prägten die Verfassungsgeschichte der Bundesrepublik. An drei Konfliktfelder erinnern wir in Features aus dem Archiv: An die Gleichberechtigung von Mann und Frau, an die Wiederbewaffnung und an die Änderung des Asylrechts 1993. Die Reihe ist Teil der Denkfabrik.