100. Geburtstag von Yehudi Menuhin

"Die Musik spricht für sich allein. Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance."

Der Geigenvirtuose Yehudi Menuhin (1916 - 1999) bei einem Auftritt im März 1979
Yehudi Menuhin (1916 - 1999) bei einem Auftritt © picture-alliance / dpa / AFP
Gast: Daniel Hope, Geiger, Moderation: Ulrike Timm · 24.04.2016
Er gilt als die größte musikalische Frühbegabung des 20. Jahrhunderts. Jetzt wäre Yehudi Menuhin 100 Jahre alt geworden. Über seinen außergewöhnlichen Lebensweg sprechen wir mit dem Violinisten Daniel Hope, für den der Geigenvirtuose wie ein Großvater war.
"Nun weiß ich, dass es einen Gott im Himmel gibt", so wird Albert Einstein nach dem berühmten "BBB-Konzert" des 12-jährigen Yehudi Menuhin in Berlin 1929 zitiert. Die Violinkonzerte von Bach, Brahms und Beethoven spielte Menuhin an einem Abend unter dem Dirigat von Bruno Walter – und der pummelige Junge in Kniebundhosen kratzte nicht etwa die Noten, er zeigte eine staunenswerte Reife des Klangs, der Phrasierung, er verstand die Werke intuitiv. Yehudi Menuhin gilt als die wohl größte musikalische Frühbegabung des 20. Jahrhunderts.
Für das Kind, den Teenager Menuhin war die Geige wie eine Verlängerung seines Armes, seiner Stimme – ein Körperteil. In den virtuosen Aufnahmen der frühen Jahre stecken so viel Fantasie und Witz, dass sie bis heute inspirieren. Die Ersteinspielung der Violinkonzerte von Elgar und Schumann durch Menuhin sind Meilensteine der Diskographie, viele Komponisten widmeten ihm Werke.
Nach 20 Jahren auf dem Podium erlebte der Mittzwanziger eine schwere mentale und instrumentale Krise, aus der Menuhin jedoch gewandelt und mit neuer künstlerischer Legitimation hervorging. Er hatte sein instrumentales Handwerk neu und bewusst durchdrungen, nicht zuletzt hat ihn die Krise des einstigen Wunderkindes menschlich geformt: Heute erinnern wir Yehudi Menuhin nicht nur als Musiker, sondern auch als großen Humanisten.

Neugier auf fremde Welten und andere Kulturen

Menuhin war der erste jüdische Musiker von Rang, der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in Deutschland konzertierte, der erste, der in Israel wieder Werke von Komponisten aus Deutschland aufführte, Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels 1979. Er war neugierig auf fremde Welten und andere Kulturen, musizierte mit Ravi Shankar und Stephane Grappelli und wird wohl für immer der einzige Dirigent bleiben, der die Berliner Philharmoniker im Kopfstand dirigierte – denn Yoga gehörte zu seinem Leben dazu.
Der südafrikanisch-britische Violinist Daniel Hope
Der südafrikanisch-britische Violinist Daniel Hope© picture alliance / dpa
Im Gespräch mit dem Geiger Daniel Hope, der in Menuhins Haushalt aufwuchs und für den Yehudi Menuhin "ein Großvater" war, beleuchten wir den außergewöhnlichen Lebensweg eines außergewöhnlichen Künstlers, von dem bis heute auch jenseits seiner Aufnahmen vieles bleibt – so etwa "Live Musik Now", Menuhins Idee, Musik mit jungen Künstlern auch in Gefängnisse, Altenheime und Krankenhäuser zu bringen.
Zu hören sind Aufnahmen mit Werken von Bach, Beethoven, Elgar, Schumann, Mendelssohn, Bartok, Bazzini, Bloch, Shankar und dem Jazzgeiger Stephane Grappelli.
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